nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Stade (Entscheidung vom 28.01.2000; Aktenzeichen S 2 SB 94/99)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob dem Kläger nach den Maßstäben des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 anstatt eines GdB von 30 zusteht.

Der am 17.12.1940 geborene Kläger beantragte im März 1998 die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. Das Versorgungsamt (VA) holte einen Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr.I. mit weiteren ärztlichen Unterlagen ein und stellte mit Bescheid vom 1. Oktober 1998 einen GdB von 20 fest. Im Widerspruchsverfahren holte es Befundberichte Psychiaters J. (mit einem sozialmedizinischen Gutachten des Dr. K. vom 25.09.1998) und des Arztes L. vom 4. Februar 1999 (mit weiteren medizinischen Unterlagen) ein. Mit Teil-Abhilfebescheid vom 29. April 1999 stellte es einen GdB von 30 und eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit fest aufgrund der Funktionsstörungen:

1. Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule im Hals- und Lendenteil, ausstrahlende Beschwerden (verwaltungsinterne Bewertung: 20), 2. depressive Entwicklung mit Somatisierung (verwaltungsinterne Bewertung: 20).

Kreislaufschwäche, Bluthochdruck und Verschleiß der Hüftgelenke wirkten sich weder auf den Gesamt-GdB erhöhend aus noch begründeten sie ein Merkzeichen.

Der weitergehende Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 1999).

Den Widerspruchsbescheid hat der Kläger mit der am 14. Mai 1999 bei Gericht eingegangenen Klage angegriffen, mit der er die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 weiterverfolgt hat. Er hat die Auffassung vertreten, das Wirbelsäulenleiden sei zu gering bewertet, schmerzhafte Bewegungsinstabilität im rechten Handgelenk sowie der Verschleiß der Hüftgelenke müssten sich erhöhend auswirken.

Das Sozialgericht (SG) Stade hat mit Gerichtsbescheid vom 28. Januar 2000 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. M. berücksichtige ausreichend die Maßstäbe der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP) 1996 und sei schlüssig und plausibel.

Gegen den am 1. Februar 2000 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit der am 17. Februar 2000 eingegangenen Berufung. Diese stützt er darauf, der sozialgerichtlichen Entscheidung stehe der Entlassungsbericht aus der Fachklinik am N. vom November 1999 entgegen. Das orthopädische und neurologisch/psychiatrische Beschwerdebild belege die Schwerbehinderteneigenschaft. Überdies beziehe er seit November 1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Der Kläger beantragt,

1. den Gerichtsbescheid des SG Stade vom 28. Januar 2000 aufzuheben und den Bescheid vom 29. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 1999 zu ändern,

2. den Beklagten zu verurteilen, ab März 1998 einen GdB von 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Der Senat hat den Reha-Entlassungsbericht der Dres. O. und Diplom-Psychologinnen P. (Fachklinik am N.) vom 29. November 1999 mit einem neuro-psychologischen Befundbericht des Prof. Dr. Q. (Klinik und Poliklinik für Psychiatrie der Universität R.) vom 3. November 1999 eingeholt.

Neben den Gerichtsakten beider Rechtszüge haben die den Kläger betreffenden Schwerbehindertenakten (01-4075 9) des VA S. vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet. Ein GdB von 50 kann nicht festgestellt werden.

Nach § 3 Abs 1 SchwbG ist Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht. Regelwidrig ist der Zustand, der von dem für das Lebensalter typischen abweicht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten. Bei mehreren sich gegenseitig beeinflussenden Funktionsbeeinträchtigungen ist deren in funktionaler Betrachtung, nicht etwa mathematisch durch Addition zu ermittelnde Gesamtauswirkung maßgeblich. Nach Abs 2 ist die Auswirkung der Funktionsbeeinträchtigung als GdB nach Zehnergraden abgestuft von 20 bis 100 festzustellen. Gemäß § 4 Abs 3 SchwbG ist für den Fall, dass mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, der GdB nach den Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Der GdB ist als Ausmaß der Behinderung nach dem SchwbG und Heranziehung der jeweils geltenden AHP zu bestimmen. Diese AHP sind keine Normen, nicht einmal Verwaltungsvorschriften, denn unter anderem fehlt jede entsprechende Ermächtigungsgrundlage. Sie sind aber antizipierte Sachverständigen-gutachten, da...

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