Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. selbstgenutztes Hausgrundstück. angemessene Größe. Verringerung der Personenzahl nach Bezug des Familienheims. Auszug erwachsener Kinder. Verwertung aufgrund Überschreitung der Wohnflächengrenze

 

Leitsatz (amtlich)

Aus § 12 Abs 3 S 2 SGB II, wonach für die Angemessenheit die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgeblich sind, folgt zwingend, dass bei der Prüfung der angemessenen Wohnfläche für die Bestimmung der Personenzahl nicht auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Hausbaus oder des Einzugs abgestellt werden kann.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.10.2016; Aktenzeichen B 4 AS 4/16 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 11. Januar 2012 geändert.

Die Klage gegen den Bescheid vom 28. Januar 2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 11. März 2010, 6. April 2010 und 27. Mai 2010 sowie des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 2010 wird als unzulässig abgewiesen.

Die Klage gegen den Bescheid vom 12. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2009 wird abgewiesen, soweit diese die Monate Dezember 2009 bis April 2010 betrifft.

Der Beklagte hat den Klägern 1/10 der notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob darlehensweise gewährte Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Zuschussleistungen umzuwandeln sind.

Der 1952 geborene Kläger und seine Ehefrau, die 1958 geborene Klägerin zu 2), sind Eigentümer (zu je 1/2) eines Einfamilienhauses in der Gemeinde K., Ortsteil L.. Das Haus verfügt (einschließlich eines noch nicht ausgebauten Zimmers im Obergeschoss) über sechs Zimmer nebst Küche und Bad. Die Wohnfläche des Hauses beläuft sich nach einer vom Kläger zu 1. im Verwaltungsverfahren vorgelegten Wohnflächenberechnung aus dem Jahr 1996 auf 143,93 qm. Die Grundstücksgröße beträgt 967 qm. Das Haus wurde von den Klägern im Jahr 1996 erbaut und nach Fertigstellung mit den vier gemeinsamen Kindern (geboren 1981, 1982, 1985 und 1993) bezogen.

Der Kläger zu 1) war nach seinen Angaben früher als Zimmermann berufstätig. Seit dem Jahr 1996 ist er arbeitslos. Nach vorangegangenem Arbeitslosenhilfebezug stand er seit dem 1. Januar 2005 mit der Klägerin zu 2) und den Kindern, soweit diese noch nicht ausgezogen waren, als Bedarfsgemeinschaft im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Im streitbefangenen Bewilligungszeitraum vom 1. Dezember 2009 bis 31. Mai 2010 erhielten die Kläger für den 1993 geborenen Sohn M., welcher als einziges Kind noch im elterlichen Haushalt lebte, Kindergeld in Höhe von 164 € monatlich. Alle drei Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bezogen zudem Einkommen aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen als Zeitungszusteller, die Kläger zu 1) und 2) durchgehend und der Sohn M. in der Zeit seit Januar 2010. Bis Dezember 2009 belief sich der monatliche Nettolohn der Kläger zu 1) und 2) auf jeweils 165 € zuzüglich eines “Fahrgeld-Zuschusses„ in Höhe von 35 €. Für den Monat Dezember 2009 wurde ein Weihnachtsgeld in Höhe von jeweils 67 € gezahlt. In den Monaten Januar bis Mai 2010 erzielten die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aus ihrer Tätigkeiten Netto-Einkommen (jeweils im Folgemonat ausgezahlt) wie folgt:

Jan. 2010

Febr. 2010

März 2010

April 2010

Mai 2010

N.    

200,00 €

243,20 €

238,64 €

236,72 €

249,93 €

O.    

200,00 €

193,07 €

184,34 €

184,75 €

193,10 €

P.    

201,00 €

407,00 €

68,98 €

234,55 €

241,45 €

Für eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung hatte der Kläger zu 1) im Dezember 2009 151,86 € und in den Monaten Januar bis Mai 2010 157,32 € monatlich zu zahlen.

Über nennenswertes Vermögen verfügten die Kläger neben den Hausgrundstück nicht. Die aus der Finanzierung des Hausgrundstücks herrührenden Verbindlichkeiten beliefen sich zum 31. Dezember 2009 auf 35.837,59 €. Für Unterkunft und Heizung (Gaszentralheizung) hatten die Kläger Aufwendungen in folgender Höhe:

Dezember 2009

Zinsen (Hausfinanzierung)

 60,79 €

Abschlag Gasversorgung

   99,00 €

gesamt:

159,79 €

Januar 2010

Zinsen (Hausfinanzierung)

 60,70 €

Abgaben Wasserverband

102,00 €

Abschlag Gasversorgung

   99,00 €

gesamt:

261,70 €

Februar 2010

Zinsen (Hausfinanzierung)

 60,54 €

Wohngebäudeversicherung

120,84 €

Grundabgaben

150,86 €

Abschlag Gasversorgung

 99,00 €

Schornsteinfegergebühren

   23,79 €

gesamt:

455,03 €

März 2010

Zinsen (Hausfinanzierung)

 60,39 €

Abgaben Wasserverband

102,00 €

Abschlag Gasversorgung

   92,00 €

gesamt:

254,39 €

April 2010

Zinsen (Hausfinanzierung)

 60,23 €

Abschlag Gasversorgung

   92,00 €

gesamt:

152,23 €

Mai 2010

Zinsen (Hausfinanzierung)

 60,08 €

Grundabgaben

121,46 €

Abgaben Wasserverband

102,00 €

Abschlag Gasversorgung

 92,00 €

Abgaben Entwässerungsverband

   25,00 €

gesamt:

400,54 €

Den Folgeantrag der Kläger und ihres Sohnes M. für die Zeit ab Dezember 2009 lehnte die Rechtsvorgängerin des Bek...

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