Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. keine Kostenübernahme für eine wasserfesten Oberschenkelprothese als unmittelbarer Behinderungsausgleich

 

Orientierungssatz

Die Versorgung eines Versicherten mit einer wasserfesten Oberschenkelprothese ist nicht erforderlich, um die Behinderungen bei der Wahrnehmung der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens auszugleichen, wenn bereits beim Gebrauch der Alltagsprothese erhebliche Probleme bestehen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.06.2009; Aktenzeichen B 3 KR 19/08 R)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 17. Februar 2005 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Versorgung mit einer wasserfesten Oberschenkelprothese (sogenanntes Badebein).

Die ... 1942 geborene Klägerin leidet an einer arteriellen Verschlusskrankheit im Stadium IV. 1988 musste deshalb ein femoro-distal-poplitealer Bypass gelegt werden. Nachdem auch der Bypass verschlossen und nekrotische Veränderungen im Bereich der Zehen des rechten Fußes festgestellt wurden, musste im März 1995 zunächst der rechte Unterschenkel amputiert werden. Wegen fortbestehender Komplikationen erfolgte noch im März 1995 eine Nachamputation im Bereich des rechten Oberschenkels. Im April und Oktober 1995 wurden weitere Operationen im Bereich des Amputationsstumpfes erforderlich.

Im März 2003 verordnete die praktische Ärztin U der Klägerin eine Badeprothese zur Teilnahme am öffentlichen Leben im Schwimmbad. Das Sanitätshaus B GmbH reichte mit Datum vom 21. März 2003 bei der Beklagten einen Kostenvoranschlag ein, wonach die Badeprothese 3.050,20 € kosten sollte. Die Beklagte legte den Vorgang dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Hessen vor. Dort wurde das Gutachten zur Prüfung der Pflegebedürftigkeit des MDK Niedersachsen (MDKN) vom 25. November 1998 beigezogen, in dem es hieß, dass der Oberschenkelstumpf bei der Klägerin sehr kurz sei und viele Falten aufweise. Die Klägerin könne die Prothese aus diesem Grunde nur täglich ein paar Stunden tragen. Beim Duschen bedürfe die Klägerin deshalb der Beaufsichtigung und Unterstützung in einem zeitlichen Aufwand von ca. 20 Minuten täglich. Insgesamt wurde bei der Klägerin seinerzeit ein Hilfebedarf im Umfang der Pflegestufe I anerkannt. Der MDK Hessen gelangte in seiner Stellungnahme vom 25. März 2003 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin mit einer herkömmlichen Prothese ausreichend versorgt sei. Im übrigen müssten Unterarmgehstützen benutzt werden.

Mit Bescheid vom 25. März 2003 lehnte die Beklagte die Versorgung der Klägerin mit einem Badebein ab. Mit einer derartigen Prothese sei das Maß des Notwendigen überschritten. Mit ihrem am 4. April 2003 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass sie die beantragte Prothese (Badebein) zum Besuch einer Schwimmhalle benötige und auch im Freibad und am Strand sei sie auf das Badebein angewiesen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2003 mit der Begründung zurück, dass das Badebein für die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens von der Klägerin nicht benötigt werde. Der Basisausgleich, auf den jeder Versicherte Anspruch habe, werde durch die zur Verfügung gestellte herkömmliche Prothese in ausreichendem Maß gewährleistet.

Mit ihrer am 5. Juni 2003 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass ihr das Badebein vertragsärztlich verordnet worden sei. Das Schwimmen sei für sie als Beinamputierte besonders wichtig, weil andere körperliche Aktivitäten für sie weitgehend ausgeschlossen seien. Mit Hilfe des Badebeines sei es ihr möglich, im Urlaub oder bei sonstigen Gelegenheiten Duschen in Hotels selbständig zu benutzen. Die Beklagte habe ihr im übrigen kürzlich einen Klapprollstuhl zur Verfügung gestellt.

Das Sozialgericht (SG) Oldenburg hat der Klage durch Urteil vom 17. Februar 2005 stattgegeben. Die von der Beklagten zur Verfügung gestellte herkömmliche Prothese sei für den Feuchtbereich ungeeignet. Mit Hilfe des Badebeines sei es der Klägerin möglich, die Körperpflege in der Dusche selbständig wahrzunehmen. Dabei handele es sich um ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens. Das begehrte Hilfsmittel sei daher erforderlich, um die Behinderung der Klägerin auszugleichen.

Gegen dieses ihr am 11. März 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. März 2005 Berufung eingelegt. Soweit die Klägerin sich darauf berufe, dass sie das Badebein zur Teilnahme am öffentlichen Leben im Schwimmbad benötige, handele es sich bei dieser Betätigung nicht um ein Grundbedürfnis, dessen Realisierung mit aus der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierten Hilfsmitteln zu gewährleisten sei. Für das Duschen sei ein Duschhocker ein ausreichendes Hilfsmittel.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 17. Februar 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

1.

die Berufung zurückzuweisen,

2.

hilfsweise, nach dem insoweit im Ergebnis offenen Gutachten des nach § 106 SGG beauftrag...

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