Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Sonderbedarf. Wohnungserstausstattung. Ersatz für bei Umzug zerstörte Möbel. Umzugskosten

 

Orientierungssatz

Ein Ersatz der bei einem vom Grundsicherungsträger veranlassten Umzug zerstörten Möbel ist weder über den Anspruch auf Erstausstattung gem § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 2 noch über den Anspruch auf Umzugskosten gem § 22 Abs 3 S 1 SGB 2 möglich.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 01.07.2009; Aktenzeichen B 4 AS 77/08 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 11. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Ersatz für Möbel, die bei einem vom Beklagten veranlassten Umzug in eine günstigere Wohnung zerstört wurden.

Die 1946 geborene und alleinstehende Klägerin beantragte am 23. September 2004 beim Beklagten die Gewährung laufender Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Mit dem Antragsvordruck reichte sie ihren 2003 abgeschlossenen Mietvertrag für eine ca. 52 qm große Zweizimmerwohnung in der M Str. ... in W ein. Danach betrug die Kaltmiete 231,00 Euro, daneben waren Vorauszahlungen für Betriebskosten in Höhe von 84,00 Euro und für die Wärmeversorgung in Höhe von 35,00 Euro zu zahlen. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2004 teilte die Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit Wilhelmshaven - der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, ihr ab dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Bei der Feststellung der Leistungsansprüche würden die Unterkunftskosten zunächst in ihrer tatsächlichen Höhe (monatl. 315,00 Euro) berücksichtigt. Unterkunftskosten könnten jedoch nur in angemessener Höhe übernommen werden. Angemessen seien Unterkunftskosten von monatlich bis zu 258,00 Euro (ohne Heizung, aber inklusive Nebenkosten). Daher wurde die Klägerin aufgefordert, bis zum 31. März 2005 die Unterkunftskosten auf einen Betrag zu senken, der 258,00 Euro nicht überschreite. Nach Ablauf der Frist sollten Unterkunftskosten nur noch in angemessener Höhe übernommen werden. Am 20. Januar 2005 schloss die Klägerin einen ab dem 1. April 2005 gültigen Mietvertrag für eine etwa 48 qm große Zweizimmerwohnung in der B Str. ... in W ab. Die zu entrichtende Grundmiete von 270,00 Euro enthält bereits die Betriebskostenvorauszahlung von anfänglich 68,90 Euro. Die Klägerin erschien am 26. Januar 2005 beim Beklagten, legte den Mietvertrag vor und bat um die Übernahme der Umzugskosten. Zur Begründung erklärte sie, sie habe die neue Wohnung wegen des Schreibens der Bundesagentur vom 8. Dezember 2004 angemietet. Außerdem sei sie alleinstehend und habe keine Bekannten, die bei dem Umzug helfen könnten. Mit Schreiben vom 26. Januar 2005 sagte der Beklagte die Übernahme der Umzugskosten bei einem durch das Diakonische Werk Wilhelmshaven durchgeführten Umzug zu. Am 7. März 2005 beantragte die Klägerin die Übernahme von Kosten für ein Bett und einen Kleiderschrank. Der Beklagte sagte daraufhin die Kostenübernahme für Möbel der Diakonie als Darlehen zu. Am 9. März 2005 erschien die Klägerin beim Beklagten und konkretisierte ihren Antrag schriftlich insofern, als sie nun um die Kostenübernahme für neue Möbel als Zuschuss im Rahmen einer Erstausstattung bat, wobei sie für einen Kleiderschrank 229,00 Euro und für ein Bett (inkl. Lattenrost) 300,00 Euro veranschlagte, die Kostengarantie vom 7. März 2005 gab die Klägerin zurück. Am 17. März 2005 fand ein Hausbesuch zweier Mitarbeiter des Beklagten bei der Klägerin statt. Nach dem entsprechenden Aktenvermerk war die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits umgezogen. Beim Umzug seien die angeblich defekten Möbel "eigenmächtig" entsorgt worden. Sie hätten daher beim Hausbesuch nicht mehr begutachtet werden können. Mit Schreiben vom 21. März 2005 lehnte der Beklagte die Kostenübernahme für die beantragten Möbel als Erstausstattung ab. Zur Begründung erklärte er, es handele sich nicht um eine Erstausstattung der Wohnung gem. § 23 SGB II. Die Beschaffung der Möbel müsse daher aus der Regelleistung finanziert werden. Es komme zwar auch eine darlehnsweise Übernahme der Beschaffungskosten in Betracht, eine solche habe die Klägerin jedoch abgelehnt. Am 14. April 2005 erhob die Klägerin Widerspruch, zu dessen Begründung sie ausführte, der Schrank und das Bett seien bei dem Umzug aufgrund ihres Alters von ca. 25-30 Jahren förmlich auseinander gefallen. Deshalb handele es sich bei der jetzt beantragten Neuanschaffung der Möbel um eine Erstausstattung, zumal die Neuanschaffung auf den vom Beklagten auferlegten Wohnungswechsel zurückzuführen sei. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2005 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, es habe sich nicht um eine Erstausstattung, sondern um eine Ersatzbeschaffung gehandelt. Die Kosten für die Möbel gehörten auch nicht zu den Umzugskosten, deren Übernahme zugesagt worden sei.

Die Klägerin hat am 9. Mai 2005 Klage er...

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