Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a SGB 5. rechtsmissbräuchliches Vorgehen

 

Orientierungssatz

Das Bestreben einer Versicherten, über eine behauptete Antragseinreichung bei einem Deutschen Konsulat im Ausland eine Kostenübernahme im Rahmen einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a SGB 5 erwirken zu wollen, grenzt an Rechtsmissbrauch, wenn keine ärztlichen Bescheinigungen und kein Kostenvoranschlag über die voraussichtlichen Operationskosten eingereicht bzw beigebracht worden sind.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stade vom 27. Juni 2018 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Antragstellerin begehrt die Kostenübernahme für eine stationäre Liposuktion im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Die 1965 geborene Antragstellerin leidet unter einem Lipödem der Arme und Beine. Darüber hinaus bestehen bei ihr ein Zustand nach Mamma-Carcinom im Jahr 2009, eine chronische Schmerzstörung, rezidivierende depressive Episoden (medikamentös eingestellt) sowie eine Gonarthrose rechts. Am 2. Dezember 2017 beantragte sie bei der Antragsgegnerin die Kostenübernahme für eine stationäre Liposuktion unter Vorlage diverser Befundberichte und Arztbriefe sowie des Attestes des Chefarztes der ästhetischen Chirurgie des Klinikum G. Dr H. vom 7. November 2017. Dort wird ein schmerzhaftes Lipödem im Bereich der Ober- und Unterschenkel sowie im Bereich beider Oberarme diagnostiziert, sowie eine Gonarthrose rechts. Das Lipödem bestehe seit mehreren Jahren und könne durch Entstauungs- und Kompressionstherapie nicht gebessert werden, vielmehr seien die Beschwerden trotz Ausschöpfung der konservativen Therapie fortgeschritten.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2017 lehnte die Antragsgegnerin eine Kostenübernahme ab, da es sich bei der Liposuktion um eine neue Behandlungsmethode handele, deren medizinische Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sei. In den im Widerspruchsverfahren eingeholten Gutachten vom 5. und 19. Januar 2018 sprach der MDK keine Empfehlung aus. Nach einem Gespräch mit der Antragsgegnerin teilte die Antragstellerin mit, dass sie ihren Widerspruch dennoch aufrechterhalte.

Am 13. Juni 2018 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht (SG) Stade die Kostenübernahme für eine Liposuktion im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Sie trägt vor, dass sie eine Kostenübernahme für die Liposuktion am 17. März 2018 erneut beantragt habe, nachdem sie im Laufe einer Flugreise auf die Insel Jersey eine deutliche Verschlechterung der Folgeerkrankungen sowie des Lipödems selbst festgestellt habe. Sie habe den vorgelegten Antrag auf Kostenübernahme beim Deutschen Konsulat auf I. eingereicht zur Weiterleitung. Aufgrund der beängstigenden Fortentwicklung der Erkrankung sei ein Eilbedürfnis gegeben. Nach Einreichung des Antrags beim deutschen Honorarkonsul auf I. habe sie in den folgenden drei Wochen keine Rückmeldung von der Antragsgegnerin erhalten und auch nicht nach Ablauf der fünf-Wochenfrist.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2018 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass sie die Schreiben vom 20. Februar, 4. März und 29. April 2018 erhalten und zur Kenntnis genommen habe. Es ergäben sich allerdings keine neuen Erkenntnisse, die zu einer anderen Entscheidung führen könnten. Es laufe zurzeit die Bearbeitung des Widerspruchsverfahrens. Der Eintritt einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erfolge nicht nach erneuter Antragstellung in derselben Sache während eines laufenden Widerspruchsverfahrens.

Mit Beschluss vom 27. Juni 2018 hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es bestehe kein Anordnungsanspruch; insbesondere seien die Voraussetzungen nach § 13 Abs 3a SGB V nicht erfüllt. Die Antragsgegnerin habe sämtliche Anträge fristgerecht beschieden. Die behauptete Antragstellung beim Deutschen Konsulat auf I. sei nicht glaubhaft gemacht. Insoweit fehle es bereits am Nachweis einer Eingangsbestätigung. Zudem fehle es auch an einem Anordnungsgrund. Ein besonderer Eilbedarf lasse sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht ableiten.

Gegen den ihr am 29. Juni 2018 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 25. Juli 2018 Beschwerde eingelegt, die sie nicht begründet hat.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Stade vom 27. Juni 2018 aufzuheben und

 die Antragsgegnerin im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, vorläufig die Kosten für eine Liposuktion der Arme und Beine zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, der angefochtene Beschluss enthalte eine zutreffende rechtliche Würdigung des Sachverhalts. Zur Beschwerdebegründung seien keine neuen entscheidungserheblichen Aspekte genannt.

II

Die Beschwerde ist gemäß §§ 172 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet.

Nach 86b Abs 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Strei...

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