Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlersozialversicherung. Abgabepflicht von Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Redaktionsmitglieder eines Presseorgans einer Ärztekammer

 

Leitsatz (amtlich)

Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Redaktionsmitglieder eines (jedenfalls auch) der Öffentlichkeitsarbeit dienenden Presseorgans einer Ärztekammer unterliegen dem Grunde nach der Abgabepflicht nach §§ 25, 24 Abs 1 S 2 KSVG.

 

Normenkette

KSVG § 2 S. 2, § 24 Abs. 1 S. 2, § 25 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, § 36a; SGB X § 44 Abs. 1 S. 1; EStG § 3 Nr. 26; BGB §§ 662, 670

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.09.2017; Aktenzeichen B 3 KS 3/15 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 11. Mai 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin aufgrund der Herausgabe des Ärzteblattes Mecklenburg-Vorpommern (M-V) nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) abgabepflichtig ist.

Das monatlich erscheinende Ärzteblatt M-V ist das offizielle Mitteilungsblatt der Klägerin. Deren Mitglieder erhalten es kostenlos, für Nichtmitglieder betrug der Preis im Abonnement 19,50 Euro jährlich, für das Einzelheft 5,80 Euro (Preise für 2004). Zudem wird die Zeitschrift (seit 2004 vollständig) auf der Internetseite der Klägerin der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Die aus 6 Ärzten bestehende Redaktion hat ihren Sitz - wie die Klägerin - in A-Stadt. Die Abonnementverwaltung und Anzeigenleitung erfolgte im Jahr 2004 durch die Leipziger Verlagsanstalt GmbH (seit Januar 2015 durch die Quintessenz Verlags - GmbH in Berlin).

Mit Bescheid vom 30. November 2005 stellte die Beklagte eine Abgabepflicht der Klägerin als Herausgeberin des Ärzteblattes M-V wegen Betreibens eines Verlages dem Grunde nach fest (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSVG).

Mit Bescheid vom 08. Februar 2006 erfolgte eine erste Festsetzung der Höhe der Künstlersozialabgabe für die Jahre ab 2001 auf der Grundlage einer Schätzung, ausgehend von Entgelten in Höhe von zwischen 80.000 und 111.000 Euro, nachdem die Klägerin der Aufforderung zur Meldung der Entgelte nicht nachgekommen war. Für den Zeitraum bis 2004 betrug die Forderung 15.456,97 Euro.

Am 08. März 2006 beantragte die Klägerin die Überprüfung und rückwirkende Aufhebung des Bescheides über die Abgabepflicht gemäß § 44 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Sie sei nicht gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 KVSG abgabepflichtig, da Verlegerin ausschließlich die Leipziger Verlagsanstalt GmbH sei. Auch eine Abgabepflicht gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 2 KVSG liege nicht vor, da die Redaktion ausschließlich aus ehrenamtlich tätigen Kammermitgliedern bestehe, die ihre Beiträge aus kostenlos zugesandten Informationen, Mitteilungen etc. auswählten und gelegentlich selbst Artikel verfassten. Die Redaktionsmitglieder selbst erhielten lediglich eine Aufwandsentschädigung für Reisekosten und Verdienstausfall und somit kein Entgelt. Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten seien weder erteilt noch für zugesandte Beiträge ein Honorar gezahlt worden. Lediglich wenige unregelmäßige - maximal zweimal jährlich - Einzelaufträge an eine selbstständige Grafikerin seien in den Jahren 2002, 2003 und 2005 zu verzeichnen (mit hierfür entrichteten Beträgen im Bereich von 35 bis maximal 263 Euro je Auftrag).

Am gleichen Tag erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Abgabenbescheid (Schätzung) vom 08. Februar 2006 unter Vorlage der Meldung der Entgelte von 2001 bis 2004.

Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09. März 2006 mit der Begründung ab, dass die Klägerin als Herausgeberin des Arztblattes M-V Unternehmer i.S. von § 24 KSVG sei. Kennzeichnend für eine verlegerische Tätigkeit sei die Vervielfältigung und Verbreitung von Druckwerken. Eine Abgabepflicht bestehe selbst dann, wenn die Verwertung von Kunst oder Publizistik der Erfüllung öffentlicher Aufgaben diene. Den Begriff der Professionalität kenne das KSVG nicht; gemeint sei lediglich, dass die Inanspruchnahme der Künstler nicht nur gelegentlich geschehe, wozu auch die Verfolgung öffentlicher Aufgaben oder gemeinnütziger Zwecke ausreiche. Zum abgabepflichtigen Entgelt gehörten auch pauschale Aufwandsentschädigungen.

Aufgrund der Meldung der Klägerin errechnete die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 10. März 2006 für die Jahre 2001 bis 2004 nunmehr eine Abgabenhöhe von 3.789,51 Euro.

Am 03. April 2006 meldete die Klägerin als abgabepflichtige Entgelte für 2005 “0,00 Euro„, da ihrer Auffassung nach weder die gezahlten Aufwandsentschädigungen an die Mitglieder der Redaktion noch die nur gelegentlichen und geringfügigen Entgelte an eine Grafikerin (im Jahr 2005 in Höhe von insgesamt 463 Euro) heranzuziehen seien. Unter dem 20. April 2006 erging daher erneut ein auf einer Schätzung basierender Abgabenbescheid für das Jahr 2005, gegen welchen die Klägerin ebenfalls Widerspruch erhob.

Am 05. April 2006 erhob d...

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