Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel von der Leistungspflicht der Krankenkasse

 

Orientierungssatz

1. Nach § 31 Abs. 1 S. 1 SGB 5 sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung durch die Krankenkasse ausgeschlossen. Ausnahmsweise ist die Verordnung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel zulässig, wenn diese bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. Ein Arzneimittel gilt als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.

2. Die gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß. Die Unterscheidung beruht auf sachlichen Gründen. Die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln soll sicherstellen, dass Arzneimittel, die gesundheitliche Risiken in sich bergen, nur über fachkundige Heilpersonen zu Anwendung kommen. Von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln geht diese Gefahr nicht aus.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 05.07.2016; Aktenzeichen B 1 KR 18/16 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Kosten für verschiedene nicht verschreibungspflichtige Medikamente zu übernehmen hat.

Die 1963 geborene Klägerin ist bei der Beklagten als Bezieherin von Arbeitslosengeld II pflichtversichert. Im Mai 2013 beantragte sie die Kostenerstattung sowie die künftige Kostenübernahme für folgende nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die ihr von den Ärzten Dr. N., Dr. M. und Dr. H. verordnet wurden: Nasensalbe C.Ol.Pini Tub, Nasenspray Cromo-CT, Linola Fettcreme, Thymiverian-Lösung, Aspirin, Iberogast, Buscopan, Sinupret forte, Bepanthen Augensalbe, Salbe Unguentum emulsificans aquosum sowie Indische Flohsamenschalen.

Die Beklagte lehnte dies mit Bescheiden vom 22. Mai 2013 und 7. August 2013 ab und führte aus, dass eine Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlich ausscheide. Den Widerspruch der Klägerin wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 26. September 2013 zurück.

Ihre dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 18. Dezember 2014 - der Klägerin zugestellt am 20. Dezember 2014 - abgewiesen.

Mit ihrer am 19. Januar 2015 eingelegten Berufung trägt die Klägerin vor, die Ablehnung der Kostenübernahme verletze ihre Grundrechte, denn ihre medizinische Versorgung sei nicht hinreichend gewährleistet. Sie habe gegen ihre Krankenkasse einen Anspruch auf Krankenbehandlung und dazu gehörten auch die Kosten für die nicht verschreibungspflichtigen Medikamente, da diese notwendig seien. Das Arbeitslosengeld II decke nicht ihren notwendigen Bedarf für die Gesundheitspflege.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2014 sowie die Bescheide der Beklagten vom 22. Mai 2013 und 7. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die von Dr. N., Dr. M. und Dr. H. verordneten nicht verschreibungspflichtigen Medikamente zu erstatten, sowie künftige Kosten zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind. Die Klägerin kann die Kostenerstattung sowie die künftige Kostenübernahme für die ihr verordneten, aber nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel nicht verlangen.

Gemäß § 27 Abs. 1 S.1 Nr. 3, § 31 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) haben Versicherte grundsätzlich Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln. Nach § 31 Abs. 1 S. 1 SGB V in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung sind aber nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen. Eine Ausnahme von diesem Ausschluss ist in § 34 Abs. 1 S. 2 SGB V geregelt. Hiernach legt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB V fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Gemäß § 12 Abs. 2 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (AM-RL) in...

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