Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenerstattung. Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB 5. Abweichung von den parallelen in den §§ 14 und 15 SGB 9. kein Einfluss auf die Reichweite der krankenversicherungsrechtlichen Anspruchsnorm. Nichtverbindlichkeit. Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes zu § 13 Abs 3a SGB 5. Prüfung der Voraussetzungen für die Sachleistung. Psychotherapie. Gleichbehandlung der Versicherten. Rücknahme der Genehmigung. Begründung

 

Leitsatz (amtlich)

Werden Fristen iS von § 13 Abs 3a S 1-4 SGB 5 seitens der Krankenkasse nicht eingehalten und erfolgt keine rechtzeitige schriftliche Mitteilung nach § 13 Abs 3a S 5 SGB 5, gilt die klar formulierte Rechtsfolge des § 13 Abs 3a S 6 SGB 5, dass die Leistung als genehmigt gilt; dies ohne weitere Prüfung der Erforderlichkeit und unabhängig davon, ob es um einen Antrag auf Sachleistung oder auf Kostenerstattung geht.

 

Orientierungssatz

Dass die Regelungen des § 13 Abs 3a SGB 5 von den parallelen in §§ 14, 15 SGB 9 abweichen, hat keinen Einfluss auf die Reichweite der krankenversicherungsrechtlichen Anspruchsnorm. Ebenso ist es ohne Bedeutung, welchen Inhalt das gemeinsame Rundschreiben des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.5.2013 zur leistungsrechtlichen Vorschrift des § 13 Abs 3a SGB 5 hat und welche Aussage dies trifft. Dies sind reine, für die Gerichte unverbindliche Auslegungen, sie haben daher keinen normativen Charakter.

 

Normenkette

SGB V § 13 Abs. 3a S. 6; GG Art. 3 Abs. 1; SGB X §§ 45, 35 Abs. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 08.03.2016; Aktenzeichen B 1 KR 25/15 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 11.8.2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu 1. wie folgt gefasst wird:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 27.1.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.5.2014 verurteilt, dem Kläger die von ihm aufgewandten Kosten für 24 Sitzungen tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie bei R. T. in Höhe von 2.220,-- € (24 x 92,50 €) zu erstatten.

Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Kosten für eine Langzeittherapie einer tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie des Klägers zu übernehmen hat.

Auf Antrag des Klägers erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 7.5.2013 ihre Leistungspflicht für eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als Kurzzeittherapie (§§ 13 Satz 2 Nr. 1, 14 Abs. 2, 14a, 23a Abs. 1 Nr. 2, Nr. 5, 23b Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss für die Durchführung der Psychotherapie idF. vom 19.2.2009 - Psychotherapierichtlinie) bis zu 25 Leistungen an. Im Anschluss daran beantragte der Kläger unter dem 11.12.2013 bei der Beklagten die Feststellung der Leistungspflicht für eine Langzeittherapie (ebenfalls 25 Leistungen) als Umwandlung bzw. Fortführung der Behandlung durch die Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin R. T.. Der Antrag ging bei der Beklagten am 16.12.2013 ein. Diese erteilte am 17.12.2013 einen Gutachtenauftrag (§ 26 der Psychotherapierichtlinie) an Dr. D. in B.; der Kläger wurde hierüber nicht informiert. Mit Gutachten vom 14.1.2014 teilte Dr. D. auf einem Formblatt mit, die Voraussetzungen nach § 70 SGB V sowie den Psychotherapierichtlinien und der Psychotherapievereinbarung für die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie seien als nicht erfüllt anzusehen; angekreuzt ist auf diesem Formblatt weiter, die aktuell wirksame Psychodynamik der seelischen Erkrankung bzw. das Störungsmodell werde nicht ausreichend erkennbar und die Wahl des Therapieverfahrens bzw. des methodischen Vorgehens lasse einen Behandlungserfolg nicht oder nicht ausreichend erwarten. Die individuelle Begründung hierfür ist geschwärzt; weder ist diese in den Verwaltungsakten enthalten noch hat der Kläger hiervon Kenntnis erhalten.

Mit Bescheid vom 27.1.2014 lehnte die Beklagte den Antrag gegenüber Frau T. und dem Kläger ab. Dem Gutachten müsse man entnehmen, dass die Leistungspflicht nicht gegeben sei.

Im Widerspruchsverfahren verwies der Kläger auf § 13 Abs. 3a SGB V und die darin enthaltene Genehmigungsfiktion; die dortige Fünfwochenfrist sei verstrichen und der Antrag gelte daher als genehmigt. Im Übrigen habe er sich die Leistung selbst beschafft und er erbitte Kostenerstattung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5.5.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Im Wesentlichen führte sie aus, nach den Psychotherapierichtlinien müsse bei einer Überführung einer Kurzzeit- in eine Langzeittherapie ein Gutachterverfahren eingeleitet werden. Eine Kostenerstattung könne nach § 13 Abs. 3a SGB V nur bis zum Erhalt des Ablehnungsbescheids vom 27.1.2014, somit bis zum 30.1.2014 erfolgen, wenn tatsächlich die Kosten nachgewiesen werden könnten. Der angefochtene Bescheid sei nicht zu beanstanden.

Mit Bescheid vom 6.5...

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