Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 1 SGB 6. Abgrenzung einer Beratertätigkeit von einer Lehrertätigkeit. Bezugsgrößenmitteilung. Verwaltungsakt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine bloße "Mitteilung über den Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung" ab einem bestimmten Zeitpunkt ist kein Verwaltungsakt. Diese Bezugsgrößenmitteilung enthält keine eigenständige Regelung, sondern lediglich die Bekanntgabe der Höhe des gesetzlich bestimmten Regelbeitrags, der sich nach der Bezugsgröße bemisst (vgl § 165 SGB VI), die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Voraus für jedes Kalenderjahr durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt und veröffentlicht wird (vgl §§ 17, 18 SGB IV).

2. Während Lehrer iS des § 2 S 1 Nr 1 SGB VI eher generelles Wissen vermitteln, das die Lernenden aufnehmen und rezipieren sollen, gehen Berater regelmäßig auf individuelle Probleme des jeweils Ratsuchenden konkret helfend ein, wobei ein begleitender Wissenstransfer von eher untergeordneter Bedeutung ist (vgl BSG vom 23.4.2015 - B 5 RE 23/14 R = BSGE 118, 294 = SozR 4-2600 § 2 Nr 20). Liegt daher der Schwerpunkt in der Vorbereitung individueller Entscheidungen und Verhaltensänderungen von Veranstaltungsteilnehmern in den jeweils thematisierten und zur Diskussion stehenden Lebens- und Arbeitssituationen, liegt eine Beratertätigkeit vor, so wenn diese durch eine Nähe zur konkreten beruflichen Situation geprägt war und erfolgte, um jeweils bei einem bestimmten Anwendungsbezug und -zweck in helfender Absicht spezifische und individualisierte Ratschläge zu erteilen.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 11.11.2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger seit 01.01.2006 als selbstständig tätiger Lehrer versicherungspflichtig nach § 2 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist.

Der 1969 geborene Kläger absolvierte nach seinem Abitur im Jahr 1989 ein Sportstudium an der Universität des Saarlandes und studierte zudem drei Semester Germanistik. Von Juli 1995 bis Oktober 1997 arbeitete er als selbstständiger Trainer, danach bis Dezember 2002 als Trainer bei der P.M. Er durchlief verschiedene Berater- und Trainerausbildungen, u.a. nach M.E. und nach den Richtlinien von P.D.. Er erwarb zusätzliche Qualifikationen im Bereich Transaktionsanalyse, Teamentwicklung, Konfliktmanagement, Kommunikationstraining sowie Rhetorik. Seit Januar 2003 ist er erneut selbstständig, nach seinen Angaben als Berater für im Wesentlichen 3 Agenturen [TTC, PCG und U.S. T. I. M. V. (U.S. T.)], wobei mit TTC und U.S. T. ein Rahmenvertrag, ansonsten aber keine schriftlichen Vereinbarungen bestehen. Er beschäftigt keinen Arbeitnehmer und hat für Alter und Krankheit Vorsorge getroffen.

Nach einer am 28.06.2010 durchgeführten Betriebsprüfung bei dem Beigeladenen (TTC) stellte die Beklagte u.a. fest, dass der Kläger in dem Prüfzeitraum von 01.01.2006 bis 31.12.2009 dort als Dozent/Trainer tätig gewesen sei. Sie übersandte dem Kläger daraufhin einen Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht und teilte ihm mit, dass er nach den vorliegenden Erkenntnissen einer selbstständigen Tätigkeit nachgehe, die zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führen könne. Nachdem der Kläger hierauf nicht reagierte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12.10.2010 ab 01.01.2006 die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung fest und fügte als Anlage eine Beitragsrechnung bei, nach der ab dem 01.01.2006 ein monatlicher Beitrag in Höhe des jeweiligen halben Regelbeitrages und damit bisher insgesamt 16.852,42 Euro zu zahlen seien. Mit weiterem Bescheid vom 16.11.2010 forderte die Beklagte für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.10.2010 für Pflichtbeiträge und Säumniszuschläge insgesamt 21.142,42 Euro.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem Telefonat vom 22.11.2010 und dem am 01.12.2010 eingegangenen Widerspruchsschreiben und machte hierzu im Wesentlichen geltend, er unterliege nicht der Versicherungspflicht. Sein Aufgabenbereich liege in praxisnahem Training, Beratung und Coaching für verschiedene Unternehmen, u.a. auf Gebieten der Unternehmensführung, Verkauf, Rhetorik und Kommunikation. Ein Antrag auf Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 2 SGB VI sei nicht gestellt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte hierzu im Wesentlichen aus, der Kläger unterliege als selbstständig tätiger Lehrer der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Hierunter falle jegliches Übermitteln von Wissen, Können und Fähigkeiten. Der Unterricht bzw. die Unterweisung könnten sowohl in Kursform (Gruppen) als auch durch Einzelunterricht/-unterweisung erfolgen. Die angewandten Methoden zur Wissensvermittlung wür...

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