nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungspflicht einer stillen Gesellschafterin einer Steuerberatungsgesellschaft. Arbeitnehmereigenschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Arbeitnehmer ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Persönliche Abhängigkeit erfordert Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Es muss eine fremdbestimmte Dienstleistung bleiben.

2. Eine stille Gesellschafterin einer Steuerberatungsgesellschaft ist versicherungsfrei. Zwar ist die rechtliche Situation einer stillen Gesellschaft und einer GmbH völlig unterschiedlich, maßgeblich für die Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft sind jedoch die tatsächlichen Verhältnisse.

 

Normenkette

SGB IV § 7 Abs. 1, § 28a; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1; SGB XI § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1; SGB III § 24 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

SG Potsdam (Urteil vom 20.11.2003; Aktenzeichen S 7 KR 177/01)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.01.2007; Aktenzeichen B 12 KR 31/06 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 20. November 2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Tatbestand:

Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob die Klägerin als Niederlassungsleiterin und stille Gesellschafterin einer Steuerberatungsgesellschaft versicherungspflichtig beschäftigt ist.

Die Beigeladene zu 3., eine in E. ansässige Steuerberatungsgesellschaft, betreibt eine Vielzahl von Niederlassungen in Deutschland mit dem Geschäftsmodell, das die Niederlassungsleiter als stille Gesellschafter der Beigeladenen zu 3. - lediglich für die jeweilige Niederlassung - an dieser beteiligt werden.

Die Klägerin ist seit dem 01. April 1992 Niederlassungsleiterin der Beigeladenen zu 3. in P. Grundlage ihrer Tätigkeit sind ein Anstellungsvertrag vom 05. März 1992 und ein Vertrag zur Gründung einer stillen Gesellschaft vom selben Tage.

In dem Anstellungsvertrag ist unter anderem Folgendes geregelt:

§ 1

...

2. Eine bestimmte Arbeitszeit ist nicht vereinbart. Es besteht jedoch Übereinstimmung darin, dass die wöchentlich Durchschnittsarbeitszeit mindestens 40 Stunden beträgt und die Einteilung der Arbeitszeit sich nach den betrieblichen Erfordernissen der Gesellschaft zu richten hat ...

3. Der Niederlassungsleiter verpflichtet sich, für die Laufzeit dieses Vertrages seine Arbeitskraft, seine Kenntnisse und Erfahrungen ausschließlich der Gesellschaft zu widmen (ausgenommen Tätigkeit für Ehemann).

Er ist mit Rücksicht auf seine hervorragende Stellung als Vertreter der Gesellschaft nicht berechtigt, sonstige aktive Geschäfte für Eigen- und Fremdrechnung zu betreiben; ...

§ 2

1. Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb der Niederlassung hinausgehen, bedürfen der vorherigen Zustimmung der Geschäftsführung.

Hierzu zählen zum Beispiel:

a) die Erteilung und der Widerruf von Prokuren, Generalvollmachten und Handlungsvollmachten jeder Art;

b) die Einstellung und die Entlassung von Berufsangehörigen sowie solcher Arbeitnehmer, deren Gehalt DM 3 000,00 monatlich übersteigt, ...

§ 3

1. Der Niederlassungsleiter erhält eine Vergütung, die jeweils durch Vereinbarung mit der Geschäftsführung festzulegen ist. Vom 01. April 1992 an wird das Gehalt auf DM 42 000,00/Jahr festgelegt plus Pkw.

Auf das Jahresgehalt erfolgen monatliche Vorauszahlungen von DM 3 500,00.

2. Ist der Niederlassungsleiter an der Ausübung seiner Tätigkeit durch Krankheit oder andere unverschuldete Ursachen vorübergehend gehindert, bleiben ihm seine Bezüge für die Zeit der Behinderung bis zur Dauer von drei Monaten erhalten.

Die Weiterzahlung der Bezüge vermindert sich jedoch um den Betrag, der dem von einer Krankenkasse gezahlten Krankengeld entspricht.

...

§ 5

Urlaub

Der Niederlassungsleiter hat Anspruch auf 25 Tage bezahlten Urlaub im Geschäftsjahr. Der Niederlassungsleiter hat den Zeitpunkt seines Urlaubes in Abstimmung mit der Geschäftsführung so einzurichten, dass den Bedürfnissen der Gesellschaft Rechnung getragen wird.

...

§ 7

Kündigung

1. Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann mit einer Frist von sechs Monaten zu jedem Ende eines Geschäftsjahres gekündigt werden.

...

In dem Gesellschaftsvertrag zwischen der Beigeladenen zu 3. und der Klägerin wird unter anderem Folgendes geregelt:

§ 1

Die "GmbH" unterhält unter anderem in P. eine auswärtige Beratungsstelle, in der sie Steuerberatung betreibt. Dort werden eine eigene Buchführung erstellt und eigene Bankkonten geführt ...

Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb einer Steuerberatungspraxis ...

§ 2

1. Die "GmbH" räumt dem "stillen Gesellschafter" eine atypische stille Beteiligung nur an der auswärtigen Beratungsstelle in P. ein, und zwar in Höhe von 15 % des Gesamtpraxiswertes einschließlich stiller Reserven und Praxiswert.

2. Die Niederlassung (stille Gesellschaft) wird mit einem, den gesellschaf...

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