Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Organisation. betriebliche Zielsetzung. abteilungsinterne Weihnachtsfeier. Serviceteam eines Jobcenters

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Weihnachtsfeier ist nicht bereits dann von der Autorität der Unternehmensleitung getragen, wenn eine offizielle Weihnachtsfeier nach Mitteilung der Unternehmensleitung nicht stattfindet, der zuständige Abteilungsleiter der abteilungsintern organisierten Veranstaltung aber gutes Gelingen wünscht.

2. Steht eine Feier nur einem Team (ca. 20 Beschäftigte) von 22 Teams zur Teilnahme offen, liegt keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung vor.

3. Zwar muss bei Großunternehmen eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung nicht allen Beschäftigten offen stehen. Ein ausreichend großer, organisatorisch abgrenzbarer Unternehmensbereich liegt aber dann nicht vor, wenn eine organisatorisch nicht selbständig abgrenzbare Einheit (hier das Serviceteam des Eingangsbereiches der Behörde) feiern will. Die Rechtslage entspricht dann nicht der bei Filialbetrieben - beispielsweise - einer Lebensmittelkette.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.06.2014; Aktenzeichen B 2 U 7/13 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Anerkennung eines Ereignisses am 16. Dezember 2008 auf einer Bowlingbahn als Arbeitsunfall im Sinne einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung.

Die 1953 geborene Klägerin ist seit August 2005 als Fachassistentin in der Eingangszone des Jobcenters B beschäftigt.

Die Leitung des Jobcenters obliegt einem Geschäftsführer, dem die fachspezifischen Bereiche unterstellt sind, welche jeweils von einem Bereichsleiter geführt werden. Im Jahre 2008 gliederte sich das Jobcenter in die drei Bereiche Markt und Integration, Bearbeitungsservice und den sonstigen Bereich. Bereichsleiter des sonstigen Bereichs 71 war Herr A. Die Bereiche sind wiederum in Teams unterteilt, denen jeweils ein Teamleiter vorsteht. Dem sonstigen Bereich sind die Teams Unterhalt, Trägerteam, Ordnungswidrigkeiten und Eingangszone zugeordnet. Im Jahre 2008 gab es zwei Teams für die Eingangszone, Team 711 und 712. In jedem der beiden Teams der Eingangszone arbeiteten ungefähr 18 bis 20 Mitarbeiter. Während die Mitarbeiter des Teams 711 im back-office im Erdgeschoss arbeiteten, befanden sich die back-office Arbeitsplätze der Mitarbeiter des Teams 712 in der 1. Etage des Jobcenters. In den back-offices arbeiteten alle Assistenten, sofern sie nicht in der Kundenbetreuung am Schalter im Eingangsbereich eingesetzt waren. Es gab insgesamt im Jobcenter Lichtenberg 22 Teams.

Die Klägerin arbeitete zum Unfallzeitpunkt im Team 712. Teamleiterin war die im erstinstanzlichen Verfahren als Zeugin vernommene Frau F. Am 16. Dezember 2008 hielt das Team 712 des Jobcenters seine Weihnachtsfeier im Bowlingcenter “B„, Bstraße in B ab. Auch die anderen Teams des Jobcenters führten im Jahr 2008 Weihnachtsfeiern durch.

Gegen 17:00 Uhr verunfallte die Klägerin in den Räumen des Bowlingscenters. Als sie von der Bowling-Bahn zum Tisch zurückging, übersah sie eine Stufe und stolperte. Dabei fiel sie auf ihre linke Hüfte und zog sich eine mediale Schenkelhalsfraktur links und eine Prellung des linken Ellenbogens mit Schürfwunden zu. Die Klägerin wurde zunächst bis zum 23. Dezember 2008 stationär behandelt, operative Eingriffe erfolgten am 16. Dezember 2008 und 4. Februar 2009 (Implantation einer zementfreien Hüft-TEP), anschließend nahm sie an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 17. Februar 2009 bis 26. März 2009 teil.

Ausweislich der von der Beklagten veranlassten Stellungnahme des Arbeitgebers der Klägerin (Bezirksamt L, Personal- und Finanzservice) vom 19. März 2009 wurde die Veranstaltung nicht von der Unternehmens- oder Dienststellenleitung, sondern von den Teammitgliedern organisiert. Der Arbeitgeber trug keine Kosten. Die Bowlingkosten und die Kosten des anschließenden Essens wurden privat bezahlt. Die Feier fand außerhalb der Arbeitszeit von 15:00 bis 19:00 Uhr statt. Es nahmen nur Betriebsangehörige, nämlich die Teammitglieder teil. Auch die stellvertretende Teamleiterin war anwesend.

In einer weiteren Stellungnahme vom 13. Juli 2009 teilte der Arbeitgeber (Bezirksamt L, Personal- und Finanzservice) mit, die Fragen seien von dem Bereichsleiter 71 Herrn A beantwortet worden. Es habe sich nicht um eine offizielle Weihnachtsfeier, sondern um eine übliche Feier, zu der sich die Kollegen auf freiwilliger Basis entschlossen hätten, gehandelt. Dienstlich sei kein zeitlicher Rahmen vorgegeben worden, es habe sich nicht um Dienstzeit gehandelt. Es habe keine Leitung der Veranstaltung gegeben. Es habe sich um den Kreis der Mitarbeiter des Teams 712 gehandelt. Die zuständige ...

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