Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlersozialversicherung. Abgabepflicht. Laienchor. Musikverein. Unternehmenszweck. Betreiben eines gemeinsamen Hobbys

 

Orientierungssatz

1. Der Unternehmenszweck eines Musikvereins ist nur dann "überwiegend" darauf gerichtet, künstlerische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzubieten, wenn der Schwerpunkt der Tätigkeit nach der Vereinssatzung und der Praxis des Chores auf dem öffentlichen Auftreten einschließlich der zugehörigen Probenarbeiten liegt und demgegenüber andere nicht kommerzielle Zwecke wie zB die Freizeitgestaltung, die Pflege eines Hobbys, die Freude am gemeinsamen Musizieren, der regelmäßige gesellschaftliche Kontakt in der Gruppe sowie die Aufrechterhaltung und Förderung des Vereinslebens nur untergeordneten Charakter haben. Diese Voraussetzungen treffen auf einen Laienchor, deren Mitglieder nur ein Hobby pflegen nicht zu.

2. Hat ein Musikverein im Zeitraum von Juli 2001 bis zum 31.12.2004 nicht mehr als drei Veranstaltungen zur Aufführung künstlerischer Werke durchgeführt, so liegt auch nach § 24 Abs 2 KSVG idF vom 13.6.2001 nur eine gelegentliche Erteilung von Aufträgen vor, die eine Abgabepflicht nach dem KSVG nicht nach sich zieht.

 

Tenor

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. Dezember 2008 wird geändert.

Die Bescheide der Beklagten vom 16. Dezember 2004, 22. Dezember 2004 und vom 01. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. August 2005 sowie der Bescheid vom 25. Oktober 2005 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 5000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob der Kläger als Unternehmer der Abgabenpflicht zur Künstlersozialversicherung von 1999 bis 2004 unterliegt.

Der im Jahre 1973 gegründete Kläger betreibt den H-D-Chor in B, der seit dem Jahre 1953 besteht. Nach seiner Satzung ist der Kläger Träger des H-D-Chores B. Ihm obliegt die Schaffung und Erweiterung von künstlerischen Wirkungsmöglichkeiten des Chores und die Durchführung von Konzertveranstaltungen und Konzertreisen, wobei ihm die Pflege des Werkes von H D ein besonderes Anliegen ist, Die erforderlichen Mittel werden u. a. durch Einträge aus Veranstaltungen und Honoraren aufgebracht.

Die Beklagte forderte im Sommer 2004 den Kläger auf, ihren Fragebogen zur Abgabepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz - KSVG - vorzulegen, was am 07. September 2004 erfolgte. Darin war angegeben, dass der Kläger einen Chor betreibt und in diesem Zusammenhang gelegentlich, nämlich zirka dreimal jährlich, Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilt. Dabei handele es sich um Chorleiter, Instrumentalsolisten, Musiker, Komponisten und Sänger. Diese würden von Dienst- oder Werkverträgen selbständig erbracht. Die Abgabenpflicht sei dem Kläger seit 2004 bekannt.

Mit Schreiben vom 12. Oktober 2004 vertrat die Beklagte die Auffassung, es läge Abgabepflicht nach dem KSVG vor, und bat um Angaben über die zurückliegenden Jahre. Daraufhin teilte der Kläger mit Schreiben vom 12. November 2004 mit, dass in den Jahren 1999, 2000, 2001, 2002 und 2003 jeweils drei Konzerte jährlich stattgefunden hätten. Er verwies darauf, dass Gemeinnützigkeit vorläge und Konzerte nur gelegentlich, nämlich unter viermal jährlich, stattfänden.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2004 setzte die Beklagte die Künstlersozialabgabe - KSA - für die Jahre 1999 bis 2003 und die Vorauszahlungen für Januar und Februar 2004 auf insgesamt 8 609,58 € aufgrund einer Schätzung fest. Mit Bescheid vom 22. Dezember 2004 stellte sie die Abgabepflicht des Klägers dem Grunde nach fest. Der Kläger ermittelte einen Meldebogen für das Jahr 2004, daraufhin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 01. April 2005 die KSA für das Jahr 2004 auf 483,75 € fest und verfügte monatliche Vorauszahlungen in Höhe von 54,38 €. Gegen all diese Bescheide erhob der Kläger Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. August 2005 zurückwies.

Hiergegen hat sich die am 02. September 2005 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung der Kläger ausgeführt hat, er betreibe einen Laienchor, öffentliche Ausführungen seien nur von untergeordneter Bedeutung. Im Vordergrund stünde das Vereinsleben, bestehend aus wöchentlichen Übungen, einem jährlichen Chorwochenende, so genannten Chorsamstagen alle ein bis zwei Monate unter Einbeziehung der Familien der Chorsänger, einem jährlichen Sommerfest und einer jährlichen Weihnachtsfeier. Die Chormitglieder erhielten keine Honorare. Lediglich bei jeweils drei öffentlichen Auftritten im Jahr würden fremde Künstler engagiert, die Honorare erhielten.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 25. Oktober 2005 die KSA für die Jahre 1999 bis 2004 neu festgesetzt und die Beitragsforderung auf insgesamt 2 296,63 € herabgesetzt. Sie hat im Übrigen die Auffassung vertreten, dem Grunde nach seien auch gemeinnü...

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