Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Erstattung geleisteter Krankenhausvergütung. vierjährige Verjährungsfrist. Aufrechnung. keine Verjährungshemmung durch in Auftrag gegebenes Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Die vierjährige Verjährungsfrist gilt auch für den Rückforderungsanspruch einer Krankenkasse wegen Überzahlung einer Behandlung (hier: Erstattung geleisteter Krankenhausvergütung) (vgl BSG vom 28.2.2007 - B 3 KR 12/06 R = BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1 mwN).

2. Eine Aufrechnung ist dann nicht ausgeschlossen, wenn die verjährte Forderung zu der Zeit, zu welcher sie gegen die andere Forderung aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war.

3. Die Verjährung wird nicht durch ein von der Krankenkasse in Auftrag gegebenes Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung gehemmt, da das Verfahren nach § 275 SGB 5 kein Begutachtungsverfahren iS des § 204 Abs 1 Nr 8 BGB darstellt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.12.2013; Aktenzeichen B 1 KR 71/12 R)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.681,60 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Im Streit zwischen den Beteiligten sind die Kosten einer stationären Behandlung vom 03. bis zum 11. Februar 2004 im Krankenhaus der Beklagten.

Das von der Klägerin betriebene Krankenhaus ist in den Krankenhausplan B aufgenommen, M Z war zumindest im Jahre 2004 Mitglied der Beklagten. Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin habe in der Schlussrechnung vom 08. März 2004 über die Behandlung des Z. eine falsche Codierung verwandt. Daraus ergebe sich ein Erstattungsanspruch iHv 2.681,60 €, mit dem die Beklagte gegen eine unstreitige Forderung der Klägerin aus der Schlussrechnung vom 20. August 2009, betreffend die Patientin H K (K.), aufrechnete.

Mit der am 16. Oktober 2009 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von 2.681,60 € nebst Zinsen. Sie ist der Auffassung, der Rückzahlungsanspruch sei verjährt.

Dem ist die Beklagte unter Hinweis auf § 112 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V - entgegengetreten, wonach es keine Regelungen zur Prüffrist gebe. Der geltend gemachte Erstattungsanspruch sei im Jahre 2009 nicht verjährt gewesen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 03. August 2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob der Rückzahlungsanspruch der Beklagten zum Zeitpunkt der Aufrechnung bereits verjährt war, da die Beklagte nach den Grundsätzen von Treu und Glauben jedenfalls gehindert gewesen sei, den Erstattungsanspruch gegenüber der Klägerin geltend zu machen. Denn die Beklagte habe das Prüfverfahren nicht rechtzeitig eingeleitet (Hinweis auf BSGE 89, 104; B 3 KR 12/08 R und B 1 KN 1/07 KR R: zitiert nach juris).

Gegen dieses der Beklagten am 15. August 2011 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 07. September 2011, zu deren Begründung vorgetragen wird, die Beklagte habe nach einer Kassenprüfung durch das Bundesversicherungsamt im Jahre 2006 auch Abrechnungen aus dem Jahre 2004 einer erneuten Prüfung unterzogen. Allerdings sei sie wegen ihrer Personalsituation dazu erst im Jahre 2008 in der Lage gewesen. Obwohl Erstattungsansprüche grundsätzlich der vierjährigen Verjährungsfrist unterlägen, hätte es für die Krankenhäuser vor In-Kraft-Treten des § 275 Abs. 1 c SGB V keinen verlässlichen Zeitpunkt gegeben, von dem ab an sie nicht mehr mit einer Überprüfung durch die Krankenkassen rechnen konnten, solange keine vertraglichen Ausschlussfristen vereinbart gewesen seien. Dementsprechend gäbe es auch für die Krankenkassen keinen konkreten Zeitpunkt, bis zu dem Prüfungen einzuleiten gewesen seien. Verwirkung liege nicht vor, da dies auf gravierende Fälle vertragswidrigen Verhaltens beschränkt sei, was hier nicht der Fall sei. Insgesamt könne durch die vorläufige Zahlung der Rechnung nicht der Schein der Endgültigkeit gesetzt werden, so dass für die Klägerin kein Vertrauen darauf bestanden habe, dass auch nach mehreren Jahren keine Rechnungsbeanstandung mehr erfolgen werde. Auch habe die Klägerin, obwohl der Erstattungsanspruch erst im Jahre 2009 geltend gemacht worden sei, bereits im August 2008 von dem Prüfungsverfahren Kenntnis gehabt. Schließlich hätte die Klägerin die Einrede der Verjährung deshalb nicht mit Erfolg erheben können, da nach § 215 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -, der im Rahmen des § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechend anwendbar sei, eine Aufrechnung nach Ablauf der Verjährung dann nicht ausgeschlossen sei, wenn die Forderung zu der Zeit, zu welcher sie gegen die andere Forderung aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt gewesen sei (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG - vom 22. Juli 2004 - B 3 KR 21/03 R -, Rdnr. 36, 37).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 03. August 2011 aufzuheben und ...

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