Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfüllung der für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erforderlichen 45-jährigen Wartezeit. Bezug von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nach betriebsbedingter Kündigung durch den Arbeitgeber. Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 SGB 6

 

Orientierungssatz

1. Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des Insolvenzereignisses und der vollständigen Geschäftsaufgabe iS des § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 SGB 6.

2. Der Wortlaut der Regelung des § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 SGB 6 lässt es insbesondere nicht naheliegend erscheinen, dass auch betriebsbedingte Kündigungen, die nicht durch eine Insolvenz oder Geschäftsvollaufgabe bedingt sind, die Rückausnahme begründen könnten, denn der Gesetzgeber verlangt ausdrücklich eine "vollständige" Einstellung der Geschäftstätigkeit und lässt deren betriebsbedingte Reduzierung nicht genügen.

3. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des GG durch die Regelung der §§ 51, 236b SGB 6 liegt nicht vor (so auch LSG Celle-Bremen vom 2.3.2016 - L 2 R 517/15 = juris RdNr 49 sowie LSG Stuttgart vom 21.6.2016 - L 9 R 695/16 = juris RdNr 31).

4. Die Vorschriften der §§ 51, 236b SGB 6 verstoßen auch nicht gegen Art 14 Abs 1 GG.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.03.2019; Aktenzeichen B 13 R 5/17 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 28. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

Für den 1950 geborenen Kläger sind als rentenrechtliche Zeiten im Beitrittsgebiet für die Zeiträume vom 1. September 1965 bis 31. August 1968 Pflichtbeitragszeiten bei beruflicher Ausbildung, vom 1. September bis 31. Oktober 1968 zwei Monate Pflichtbeitragszeit, vom 4. November 1968 bis 30. April 1970 Pflichtbeitragszeiten wegen Wehrdienstes und vom 7. Mai bis 29. August 1970 eine Pflichtbeitragszeit wegen Beschäftigung aufgrund entsprechender Eintragungen im Sozialversicherungsausweis gespeichert. Vom 1. September 1970 bis 29. Juni 1973 absolvierte der Kläger eine Fachschulausbildung. Vom 1. September 1973 bis 31. Dezember 1991 sind für ihn sämtliche Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet wegen Beschäftigung, ab Juni 1982 auch im Rahmen der FZR im Versicherungsverlauf (SVA bzw FZR) belegt. Für die Zeiten vom 23. Dezember bis 31. Dezember 1985 und vom 20. Dezember bis 31. Dezember 1989 wurden Arbeitsausfalltage gespeichert. Für die Zeiträume vom 1. Januar 1992 bis 28. März 2005 sind Pflichtbeitragszeiten aus Beschäftigung im Beitrittsgebiet gespeichert (SVN, DÜVO, DEÜV). Für die Zeit vom 29. März bis 13. Mai 2005 wurden zwei Pflichtbeitragsmonate wegen Bezugs einer Sozialleistung gespeichert (Sozl), für die Zeiträume vom 14. Mai 2005 bis 31. August 2012 Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet aus Beschäftigung (DEÜV). Mit Schreiben vom 27. Januar 2012 wurde dem Kläger von seinem bisherigen Arbeitgeber betriebsbedingt fristgerecht nach Anhörung und Zustimmung des Betriebsrates zum 31. August 2012 gekündigt. Ab 1. September 2012 bis 30. August 2014 bezog der Kläger Arbeitslosengeld (Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 29.08.2012). Für diese Zeit sind Pflichtbeitragszeiten bei Bezug von Arbeitslosengeld (AFG) im Versicherungsverlauf gespeichert.

Der Kläger beantragte am 23. Mai 2014 Altersrente für besonders langjährig Versicherte als Vollrente für den Zeitraum ab 1. September 2014. Den Antrag reichte der Kläger mit folgender Bemerkung ein: „Sollte die Regelung des § 236b SGB VI nicht wie geplant zum 01.07.2014 in Kraft treten und/oder ich die Anspruchsvoraussetzungen hierfür nicht erfüllen, so wird um Feststellung der beantragten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit mit Rentenbeginn 01.09.2014 gebeten.“

Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 17. Juni 2014 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 1. September 2014 in einer monatlichen Höhe von 1.411,93 EUR (netto) auf der Grundlage von 59,6129 persönlichen Entgeltpunkten (Ost), wobei die Beklagte auf 61,8391 Entgeltpunkte (Ost) einen Zugangsfaktor von 0,964 wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente anwandte. Die Wartezeit von 45 Jahren für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte habe der Kläger nicht erfüllt und somit sei die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bewilligt worden.

Mit seinem Widerspruch vom 30. Juni 2014 wandte sich der Kläger gegen die Feststellung im Rentenbescheid, dass er die Wartezeit von 45 Jahren für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte nicht erfülle. Es werde im Rentenbescheid nicht darauf eingegangen, worauf sich diese Feststellung begründe, obwohl sein Rentenantrag vordergründig auf die Altersrente für besonders langjährig Versicherte gestellt worden sei. Nach den eigenen Berechnungen und denen der Beklagten ergäben sich 554 Monate (46,2 Beitragsjahre). Aufgrund...

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