Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kinderpflegekrankengeld. Anspruchsdauer. gemeinsames oder alleiniges Personensorgerecht. beamtenrechtlicher Anspruch

 

Orientierungssatz

1. Allein erziehend iS von § 45 Abs 2 S 1 SGB 5 sind allein stehende Väter oder Mütter, die mit ihrem Kind, für das ihnen die Personensorge zusteht, in einem Haushalt leben. Maßgebend hierfür ist das alleinige Personensorgerecht nach § 1631 BGB. Eine Versicherte ist danach nicht allein erziehend, wenn sie das Sorgerecht gemeinsam mit dem von ihr getrennt lebenden Kindsvater ausübt.

2. Macht ein Kindsvater seinen beamtenrechtlichen Anspruch im Falle der Erkrankung eines Kindes nicht geltend oder ist er aus tatsächlichen Gründen daran gehindert, diesen Anspruch geltend zu machen, ist dies kein Grund, die Solidargemeinschaft der Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung, der der Kindsvater nicht angehört, hierfür einstehen zu lassen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.06.2007; Aktenzeichen B 1 KR 33/06 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch keine Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt weiteres Kinderpflegekrankengeld.

Die Klägerin ist versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Sie lebt mit ihrer 1998 nichtehelich geborenen Tochter N M, die ebenfalls bei der Beklagten krankenversichert ist, und einer weiteren, in dem hier streitbefangenen Zeitraum minderjährigen Tochter (geb. 1988), in einem gemeinsamen Haushalt. Der nichteheliche Vater von N M hat sich Anfang 2002 von der Klägerin getrennt. Er ist aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen und lebt seitdem in einer neuen Partnerschaft. Die Klägerin und der Kindsvater haben eine Umgangsregelung vereinbart, nach der das Kind alle 14 Tage ein Wochenende bei ihrem Vater verbringt. Als Beamter ist er beihilfeberechtigt und privat krankenversichert. Nachdem die Klägerin im Kalenderjahr 2002 bereits für sieben Tage für die Beaufsichtigung, Betreuung und Pflege ihrer Tochter N M Kinderpflegekrankengeld erhalten hatte, beantragte sie unter Vorlage ärztlicher Bescheinigungen weiteres Krankengeld für die Betreuung dieser Tochter vom 28. Oktober 2002 bis zum 1. November 2002 und vom 4. November 2002 bis zum 6. November 2002.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 10. Dezember 2002 Kinderpflegekrankengeld aber lediglich für die Zeit vom 28. Oktober 2002 bis zum 30. Oktober 2002 (drei Arbeitstage). Im Übrigen lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass ein Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld für längstens zehn Arbeitstage je Kalenderjahr und je Kind bestehe. Der Anspruch sei daher, nachdem die Klägerin Kinderpflegekrankengeld für sieben Tage erhalten habe, mit der Bewilligung von Krankengeld für drei weitere Tage für dieses Kalenderjahr erschöpft. Nur für allein erziehende Versicherte, die das alleinige Sorgerecht hätten, erhöhe sich der Anspruch auf längstens 20 Tage. Ein solcher Anspruch bestehe hier aber nicht.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2003 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass für die Anspruchsberechtigung Alleinerziehender maßgebend sei, ob “der andere Elternteil einen gleichwertigen Sorgerechtsanspruch habe„. Werde bei einem nicht nur vorübergehenden Getrenntleben der Eltern das gemeinsame Personensorgerecht aufrechterhalten, habe jeder Elternteil einen Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld für maximal zehn Arbeitstage. Diese Anspruchsdauer könne sich folglich nur verlängern, soweit der ebenfalls anspruchsberechtigte (gesetzlich krankenversicherte) Elternteil seinen Anspruch abtrete oder das Familiengericht das alleinige Personensorgerecht einem Elternteil übertrage. Das alleinige Personensorgerecht sei der Krankenkasse im Einzelfall durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachzuweisen. Wegen des weiterhin bestehenden gemeinsamen Sorgerechts der Klägerin und des Kindsvaters habe die Klägerin daher keinen weitergehenden Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld. Der Kindsvater habe seinen Anspruch auch nicht an die Klägerin abtreten können, da er privat krankenversichert sei und somit keinen Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung habe. Entgegen der Auffassung der Klägerin komme es hingegen nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Diese könnten im Einzelfall nur dann maßgebend sein, wenn beispielsweise über das beantragte alleinige Personensorgerecht durch das Familiengericht noch nicht entschieden worden oder ein Elternteil an der Ausübung des Sorgerechts durch einen Krankenhausaufenthalt gehindert sei. Nur dann könne dem anderen Elternteil der verlängerte Anspruch eingeräumt werden. Ein derartiger Sachverhalt sei hier aber nicht gegeben.

Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, dass sie so zu behandeln sei wie eine al...

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