Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Bundesrat. Besucherdienst. Honorarkraft. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit. Abgrenzung. Betriebsprüfung. kein Statusfeststellungsverfahren mit rechtsverbindlicher Wirkung für die Zukunft

 

Leitsatz (amtlich)

Der Bundesrat kann seinen Besucherdienst durch Honorarkräfte auf selbstständiger Basis durchführen lassen.

 

Orientierungssatz

Das Prüfverfahren nach § 28p SGB 4 ist kein Statusfeststellungsverfahren mit rechtsverbindlicher Wirkung auch für die Zukunft. Der Status wird nur inzident geklärt.

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Juni 2009 und der Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. August 2007 werden aufgehoben.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht ein Prüfbescheid der Beklagten, mit welchem sie von der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2004 in Höhe von 15.626,- Euro für Honorarkräfte des Besucherdienstes des Deutschen Bundesrates fordert sowie zu deren sozialversicherungsrechtlichen Status Stellung nimmt.

Bei den Honorarkräften handelt es sich um die Beigeladenen zu 1) bis 15) sowie den bereits verstorbenen S W. Sie waren -und sind es teilweise noch bis heute- in unterschiedlichem zeitlichem Umfang für den vom Direktor des Bundesrates organisierten Besucherdienstes des Bundesrats tätig.

Grundlage war dabei eine als Rahmenvertrag (RV) bezeichnete jeweils zwischen der Klägerin und den einzelnen Honorarkräften abgeschlossene Vereinbarung folgenden Inhalts:

Vereinbarung

Zwischen der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Präsidenten des Bundesrates, dieser vertreten durch den Direktor des Bundesrates

- Auftraggeberin (AG) -

und

X. Y., geb. (…), wohnhaft in (…)

- Auftragnehmer (AN) -

§ 1

(1) Der AN übernimmt ab dem (…) im Rahmen des Besucherdienstes des Bundesrates in Berlin nach Maßgabe einzelner Vereinbarungen zwischen dem AN und der AG die selbständige Betreuung von Besuchergruppen und Einzelbesuchern.

(2) Die Betreuung erfolgt durch Vorträge und Diskussionen, gegebenenfalls in Verbindung mit Rollenspielen, im Plenarsaal und anderen Sitzungsräumen des Bundesrates, jeweils einschließlich der Beantwortung von Fragen der Besucher.

(3) Die zu vermittelnden Informationen umfassen folgende Themenkreise:

Status, Aufgaben, Arbeitsweise und Organisation des Bundesrates, seine politische Zusammensetzung in Vergangenheit und Gegenwart, seine Rolle im Verfassungsgefüge der Bundesrepublik Deutschland, seine Vorgänger in der deutschen Verfassungsgeschichte, das föderative System nach dem Grundgesetz. Die inhaltliche Aufgabenstellung im Rahmen dieses Konzeptes besteht in der selbstständigen und eigenverantwortlichen Vermittlung von Informationen und Tatsachen.

§ 2

(1) Die AG erteilt dem AN für jeden Informationstermin einen Einzelauftrag. Der AN wird unverzüglich erklären, ob er den Auftrag annimmt. Kann er vorhersehen, dass er für mehr als eine Woche keine Aufträge annehmen wird, wird er die AG unverzüglich informieren, damit sich diese bei ihren organisatorischen Planungen darauf einrichten kann.

(2) Aus diesem Vertrag kann der AN keinen Anspruch auf die Erteilung von Einzelaufträgen, insbesondere nicht auf eine bestimmte Zahl von Häufigkeit der Einzelaufträge herleiten. Der AN ist in der Entscheidung frei, ob er einen Einzelauftrag annimmt oder ablehnt.

§ 3

(1) Die Führungen/Referate/Informationstermine dauern regelmäßig 90 Minuten. Der AN erhält pro Führung/Referat/Informationstermin ein Honorar von 33,23 € (in Worten: Dreiunddreißig Euro). Mit diesem Betrag sind alle etwaigen Nebenosten abgegolten.

(2) Dauern Führungen/Referate/Informationstermin länger als 120 Minuten, verdoppelt sich das Honorar. Fällt ein Informationstermin aus, zum Beispiel weil die Besuchergruppen entgegen der Vereinbarung nicht erscheinen wird bzw. erschienen ist, zahlt die AG dem AN eine Ausfallpauschale in Höhe von 15,34 € (in Worten: Fünfzehn Euro). Der AN ist in diesem Falle verpflichtet, gegebenenfalls bis zu 45 Minuten auf das verspätete Eintreffen der Besucher zu warten. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn die AG den AN spätestens eine Stunde vor Beginn des Informationstermins über dessen Ausfall unterrichtet hat.

(3) Die Zahl der geleisteten Informationstermine ist in einem formlosen prüfbaren Nachweis aufzuführen, den der AN beim Besucherdienst des Bundesrates einreicht. Die Zahlung des Honorars erfolgt auf der Grundlage der vom Besucherdienst geprüften und sachlich festgestellten Nachweise.

(4) Steuern und etwaige Sozialversicherungsbeiträge führt der AN selbst ab.

(5) Die AG wird über das gezahlte Honorar eine Kontrollmitteilung an das für den AN zuständige Finanzamt übersenden.

§ 4

(1) Ist der AN an der Durchführung eines nach § 2 Abs. 1 vereinbarten Informationstermins gehindert, teilt e...

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