Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung des Anspruchs auf Mutterschaftsgeld - Auferlegung von Verschuldenskosten

 

Orientierungssatz

1. Die Höhe des nach § 24i SGB 5 zu gewährenden Mutterschaftsgeldes bestimmt sich gemäß dessen Abs. 2 S. 7 nach der Höhe des Krankengeldes.

2. Das Krankengeld bemisst sich gemäß § 47b SGB 5 bei Beschäftigten nach dem erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelt, bei Beziehern von Arbeitslosengeld nach dessen Höhe.

3. Maßgeblich für den Bezug i. S. des § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB 5 ist allein, ob der Versicherte Arbeitslosengeld tatsächlich bezieht. Ausreichend ist, wenn es nur zuerkannt wurde, aber nicht zur Auszahlung gelangt. Das Krankengeld bestimmt sich auch dann gemäß § 47b SGB 5, wenn der rückwirkende Arbeitslosengeldanspruch ein solcher der Gleichwohlgewährung ist.

4. Krankengeld wird in Höhe des Arbeitslosengeldes gewährt, das der Versicherte zuletzt bezogen hat, § 47b Abs. 1 SGB 5. Die Krankenkasse ist an die Höhe eines von der Bundesagentur für Arbeit ermittelten Arbeitslosengeldanspruchs gebunden.

5. Welches Entgelt durch das von der Krankenkasse auszuzahlende Mutterschaftsgeld in welcher Höhe abgesichert ist, ergibt sich nicht ohne weiteres aus dem Gesetz. Maßgeblich ist u. a. das Zusammenspiel der §§ 47b, 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB 5 und 157 SGB 3. Damit ist eine Auferlegung von Mutwillenskosten nach § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG bei Fortführung des Rechtstreits trotz Darlegung der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung ausgeschlossen.

 

Tenor

Auf die Berufung wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 14. August 2019 insoweit aufgehoben als er der Klägerin Verschuldenskosten auferlegt.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt höheres Mutterschaftsgeld.

Die Klägerin stand bis zum 31. Juli 2013 als Erzieherin in einem befristeten Beschäftigungsverhältnis (Arbeitsentgelt im Juli 2013: 1.988,98 Euro brutto, 1.340,96 Euro netto, Bl. 1 VA). Daneben arbeitete sie seit Januar 2008 in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis. Wegen einer Schwangerschaft bestand zuletzt ein Beschäftigungsverbot. Mit ärztlicher Bescheinigung vom 6. August 2013 bescheinigte die Fachärztin Dr. K der Klägerin einen voraussichtlichen Entbindungstermin am 21. September 2013.

Einen Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld I und den dagegen erhobenen Widerspruch lehnte die Bundesagentur für Arbeit für die Zeit ab dem 1. August 2013 unter Berufung auf einen Ruhenstatbestand ab.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22. August 2013 auf den Antrag der Klägerin die Gewährung von Mutterschaftsgeld zum Beginn der Schutzfrist ab 10. August 2013 ab. Aufgrund des Endes des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin zum 31. Juli 2013 habe diese ab dem 1. August 2013 grundsätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Wegen der Urlaubsabgeltung ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld I bis zum 21. August 2013 und sei die Voraussetzung für den Bezug von Mutterschaftsgeld nicht gegeben. Ein solcher Anspruch bestehe auch nach dem 21. August 2013 nicht, die Klägerin wurde gebeten, ab dem 22. August 2013 Arbeitslosengeld I zu beantragen.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin gegenüber der Beklagten geltend: Maßgebend sei, dass sie über eine Arbeitslosengeldbezug pflichtversichert sei. Gegen den Ruhensbescheid der Bundesagentur für Arbeit habe sie Widerspruch eingelegt. Unabhängig von einem Ruhen sei sie gemäß § 19 Abs. 2 SGB V weiterversichert, eine Versicherung im Wege der Familienversicherung über den Ehemann bestehe nicht. Daraus ergebe sich weiterhin, dass das Pflichtmitgliedschaftsverhältnis der Klägerin gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 während des Mutterschaftsgeldbezuges und späteren Elterngeldbezuges fortbestehe und zwar beitragsfrei. Nur im Falle des § 192 Abs. 2, der nicht gegeben sei, wäre vom Fortbestand der beitragspflichtigen Versicherung auszugehen.

Am 23. September 2013 gebar die Klägerin ihr Kind. Seit dem 18. November 2013 bezog sie Elterngeld. Die Beklagte führte sie ab August als freiwillig Versicherte und erhob bis November 2013 Beiträge von über 700,00 Euro. Die Klägerin erhielt zunächst im September 2013 eine Urlaubsabgeltung für 16 Tage in Höhe von 779,37 Euro ausgezahlt, nach einem arbeitsgerichtlichen Verfahren im Januar 2014 noch eine Abgeltung für weitere 7 Tage (insgesamt 23 Tage und einen Zahlbetrag in Höhe von 1.468,64 Euro). Die Beklagte gewährte der Klägerin für die Zeit ab dem 10. August 2013 bis zum 18. November 2013 Mutterschaftsgeld in Höhe von kalendertäglich 13,00 Euro aus der geringfügigen Beschäftigung der Klägerin.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es bestehe ab 1. August 2013 eine freiwillige Versicherung.

Die Klägerin hat am 1. Dezember 2014 Klage zum Sozialgericht Neuruppin erhoben. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sie, die während ihres Beschäftigungsverhältnisses im Hinblick auf die Schwangerschaft einem Beschäftig...

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