Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung eines zur Geschäftsgründung gewährten Darlehens bei der Bewilligung von Grundsicherungsleistungen

 

Orientierungssatz

1. Zweckbestimmte Einnahmen, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB 2 dienen und die die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB 2 nicht gerechtfertigt wären, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

2. Ein Darlehen, das der Hilfebedürftige von der Bank als Geschäftsdarlehen zum Aufbau eines Gewerbes erhalten hat, ist zweckbestimmt i. S. von § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB 2. Es ist weder als Einkommen, noch als Vermögen des Hilfebedürftigen zu berücksichtigen und führt damit nicht zum Wegfall des Anspruchs auf Arbeitslosengeld 2.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob ein Darlehen zur Gründung eines selbständigen Gewerbes als Einkommen beziehungsweise Vermögen zum Wegfall des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II führt.

Der 1973 Kläger bezog seit 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von der Beklagten. Mit Darlehensverträgen vom 1. Juni 2007 mit Frau R M und vom 5. Juni 2007 mit der D Bank gewährten diese dem Kläger jeweils Darlehen von 25.000,00 €.

Bereits am 29. Mai 2007 hatte der Kläger von Frau A G einen Imbissstand im Einkaufszentrum A, B, für 30.000,00 € erworben, zur Abgeltung des Kaufpreises und zur Anschubfinanzierung des beabsichtigten selbständigen Gewerbes dienten diese Darlehen. Zugrunde lagen ein Geschäftskonzept und ein Investitionsplan, wonach der Kläger zur Betriebsgründung ein Gesamtkapital von 46.824,07 € benötigte und in dem ein von einem Steuerberater geprüftes Geschäftskonzept vorgelegen haben. Der Beklagten wurden diese Unterlagen zugeleitet. Das Darlehen der D Bank war ausdrücklich als Geschäftsdarlehen bezeichnet, mithin zur Gründung des selbständigen Gewerbes nach dem Geschäftskonzept und dem Investitionsplan bestimmt.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2007 hob die Beklagte den letzten Bewilligungsbescheid vom 25. April 2007 mit Wirkung zum 1. Juli 2007 auf, da mit Erhalt der Darlehen die Hilfebedürftigkeit des Klägers entfallen sei. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 2007 zurück.

Hiergegen hat sich die am 5. September 2007 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage gerichtet, mit der vorgetragen worden ist, Darlehen, die zur Aufnahme eines selbständigen Gewerbes dienten, seien kein Einkommen im Sinne des § 11 SGB II.

Die Beklagte ist dem unter Bezugnahme auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid entgegengetreten.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 20. Dezember 2008 den Bescheid vom 20. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2007 aufgehoben.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keine Einnahmen erzielt, weil er durch den Empfang der Darlehen unmittelbar mit einer Rückforderung - aufgrund der zu zahlenden Zinsen - sogar in einen höheren Umfang belastet worden sei. Andere Einnahmen habe er ausweislich der Einnahmeüberschussrechnung seines Gewerbes nicht erzielt.

Gegen den der Beklagten am 20. Januar 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 19. Februar 2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie die Auffassung vertreten, es hätten Einnahmen vorgelegen, die auch nicht zweckgebunden gewesen seien.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. Dezember 2008 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters ohne mündliche Verhandlung über die Berufung erklärt.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Leistungsakte der Beklagten, den Kläger betreffend, verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Über die zulässige Berufung konnte der Berichterstatter des Senats ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einem derartigen Verfahren erklärt haben (§§ 124 Abs. 2, 155 Abs. 3 und 5 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet; der angefochtene Gerichtsbescheid ist zumindest im Ergebnis zutreffend.

Der 14. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat in seinem Beschluss vom 27. Juni 2008 (L 14 B 648/08 AS ER), betreffend ein Darlehen zur Anschaffung eines Kraftfahrzeuges, ausgeführt, es erscheine schon fraglich, ob die Zahlungen als Einnahmen anzusehen seien, da der Antragsteller behauptet, diese lediglich als Darlehen erhalten zu haben und darlehensweise gewährte Leistungen möglicherweis...

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