Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. MdE-Bestimmung bei Heilungsbewährung. Krebserkrankung. erneute Herabstufung der MdE wegen nochmaliger Heilungsbewährung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch in der gesetzlichen Unfallversicherung kann eine Herabsetzung der Rente unter dem Gesichtspunkt der "Heilungsbewährung" erfolgen. Das ist grundsätzlich aber nur einmal zulässig. Danach bedarf es zur Herabsetzung der Rente eines konkreten Besserungsnachweises.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 22.06.2004; Aktenzeichen B 2 U 14/03 R)

BSG (Beschluss vom 21.10.2003; Aktenzeichen B 7 AL 82/03 B)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte berechtigt war, die dem Kläger wegen einer Berufskrankheit (BK) bewilligte Verletztenrente herabzusetzen.

Bei dem ... 1935 geborenen Kläger, der seit Februar 1964 als Autolackierer gearbeitet hatte, wurde im September 1987 ein Bronchial-Karzinom im Stadium pT1 pNo Mo G3 festgestellt. Infolgedessen erfolgte im Oktober 1987 eine Lobektomie mit Teilentfernung des linken Lungenoberlappens. Im Juli 1988 nahm der Kläger seine berufliche Tätigkeit wieder auf, arbeitete bis 20. August 1990 weiter als Lackierer, war danach arbeitsunfähig und bezieht seit 1. September 1995 Altersrente.

Im August 1988 zeigte der Internist Dr. J seinen Verdacht auf Vorliegen einer BK an und übersandte Berichte des Prof. Dr. P, Thoraxchirurgie der Chirurgischen Klinik und Poliklinik der Technischen Universität M Klinikum rechts der I, über Nachuntersuchungen vom Januar, Mai und September 1988 vor.

Nach Beiziehung von Vorerkrankungsverzeichnissen, u.a. der IKK und Ermittlungen ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch Dr. M, Leitender Medizinaldirektor der Klinik für Berufskrankheiten, Bad R Dieser gelangte am 17. Oktober 1989 u.a. zum Ergebnis, es lägen die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 1103 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) vor. Das Bronchial-Karzinom sei durch die Exposition gegenüber Zinkchromat verursacht. Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Lungenfunktion, auch unter Belastung, seien nicht zu objektivieren. Zeichen einer restriktiven oder obstruktiven Ventilationsstörung, eines funktionell sich auswirkenden Lungenemphysems und einer respiratorischen Belastungsinsuffizienz fehlten. Die CEA als möglicher Parameter für Krebsgewebe im Organismus sei noch erhöht. Aufgrund des erheblichen Metastasierungsrisikos bewertete er die durch die Erkrankung bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mit 100 v. H.. Eine einigermaßen verlässliche Aussage hinsichtlich der Überlebenschancen sei erst nach fünf Jahren zu machen. Der Kläger habe sich nach der Operation gut erholt und die Lungenfunktionsausfälle seien gut kompensiert. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 15. Juni 1990 hielt er unter Hinweis auf die sehr schlechte Prognose an seiner Bewertung der MdE fest, die für die Dauer von fünf Jahren anzusetzen sei. Danach passe man, sofern keinerlei Hinweise auf Rezidive oder Metastasen bestünden, üblicherweise die MdE dem Ausmaß der nachweisbaren Funktionsbeeinträchtigungen an. Zuvor hatte bereits Dr. G im gewerbeärztlichen Gutachten vom 9. November 1989 ebenfalls die Anerkennung einer BK vorgeschlagen und die MdE angesichts der schlechten Prognose der Erkrankung mit 100 v. H. bewertet.

Die Beklagte anerkannte mit Bescheid vom 5. Februar 1991 eine Erkrankung durch Chrom oder seine Verbindungen als BK nach Nr. 1103 der Anlage zur BKV sowie als deren Folge "Entfernung des linken Lungenoberlappens infolge Zinkchromat-Exposition. Missempfindungen an der linken unteren Thoraxseite." und bewilligte eine Verletztenrente nach einer MdE um 100 v. H. als Dauerrente.

Nach Heilbehandlungsmaßnahmen und Eingang von Berichten des Dr. M vom 4. Oktober 1991 und 24. November 1992 sowie des Prof. Dr. P vom 13. Dezember 1991, in dem u.a. von einem ausgezeichneten Allgemeinzustand die Rede war, veranlasste die Beklagte eine weitere Begutachtung.

Im Gutachten vom 28. Dezember 1992 kam Dr. M im wesentlichen zum Ergebnis, eine relevante Lungenfunktionsbeeinträchtigung sei nicht feststellbar. Insgesamt stehe der Kläger unter einer erheblichen psychischen Belastung aufgrund seiner Erkrankung. Bei der Lungenfunktionsanalyse habe sich keine wesentliche Änderung gegenüber der Vorbegutachtung ergeben. Er sehe sich außerstande, von einer "Fünf-Jahres-Heilung" auszugehen. Wegen des nicht kalkulierbaren Restrisikos der Tumorerkrankung halte er eine Abstaffelung des MdE-Grades mit Wirkung vom Nachuntersuchungstermin 28. Oktober 1992 auf 60 v. H. der Vollrente für die Dauer eines Jahres für angemessen und empfehle im Oktober 1993 eine Nachuntersuchung.

Mit Anhörungsschreiben vom 25. Januar 1993 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es sei nach über fünfjähriger Beobachtung und ohne Rezidiv des Lungenkrebses eine wesentliche Besserung eingetreten, weshalb sie beabsichtige, die Rente herabzusetzen.

Mit Bescheid vom 23. Februar 1993 entschied die ...

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