Entscheidungsstichwort (Thema)

Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte für FRG-Zeiten

 

Orientierungssatz

§ 22 Abs 1 S 1 FRG ist nicht verfassungswidrig, es liegt kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1, Art 14 Abs 1 und Art 20 Abs 1 GG vor.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.08.2001; Aktenzeichen B 4 RA 118/00 R)

BSG (Beschluss vom 20.02.2001; Aktenzeichen B 9 SB 66/00 B)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Witwenrente.

Die 1926 geborene Klägerin und ihr 1917 geborener Ehemann A K sind in der früheren UdSSR geboren. Im Juni 1996 reisten sie aus Moldavien in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie als Vertriebene anerkannt wurden. Sie waren ausschliesslich in ihrer früheren Heimat beschäftigt, dort bezogen sie bereits vor ihrer Ausreise Altersrente. Deutsche Versicherungszeiten hat die Klägerin nicht zurückgelegt. Aufgrund der von ihr in der UdSSR zurückgelegten, nach dem FRG anzurechnenden Zeiten erhält sie von der Bundesknappschaft aufgrund der Antrags vom 12.07.1996 eine Regelaltersrente (Bescheid vom 23.10.1997).

Nach dem Tod ihres Ehemanns am 28.10.1996 beantragte sie im Dezember 1996 bei der Beklagten Witwenrente. Diese lehnte mit Bescheid vom 27.03.1998 den Antrag ab: Dem Grunde nach bestehe ein Anspruch auf Witwenrente. Eine Zahlung könne jedoch nicht erfolgen, weil ausschließlich Entgeltpunkte für rentenrechtliche Zeiten nach dem FRG ermittelt worden seien, die bereits vorrangig aus einer weiteren bezogenen Rente zu leisten seien. Für einen Rentenberechtigten würden für anrechenbare Zeiten nach dem FRG höchstens 25 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Dabei seien Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor vorrangig zu berücksichtigen. Für die höherrangige Altersrente sei bereits der Höchstwert von 25 Entgeltpunkten berücksichtigt worden. Für die Hinterbliebenenrente verblieben keine Entgeltpunkte, aus denen eine Zahlung zu leisten sei. Den nicht näher begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.1998 zurück.

Gegen den mittels Übergabe-Einschreiben am 07.09.1998 zum Zweck der Zustellung an die Klägerin zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid (ausgehändigt am 11.09.1998) hat diese am 12.10.1998 (Montag) Klage beim Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben: Sie haben Anspruch auf Witwenrente. Zu Unrecht berufe sich die Beklagte auf § 22b FRG. Dieser sei nur relevant, wenn beide Ehegatten noch am Leben seien. Im Fall der Witwenrente sei auch die Witwenrente zumindest in Höhe von 25 Entgeltpunkten zu bezahlen. Jede andere Regelung würde gegen Art. 3 und Art. 14 GG verstoßen. Sie werde willkürlich gegenüber deutschen Staatsangehörigen, die Witwenrente bezögen, benachteiligt. Das Eigentumsrecht werde verletzt, weil die von ihrem Ehemann erworbenen Rentenanwartschaften, die in eine Witwenrentenanwartschaft übergegangen seien, vollständig entzogen werde. Sie werde allein aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert.

Mit Urteil vom 27.04.1999 hat das SG die Klage abgewiesen: Die Beklagte habe § 22b FRG zutreffend angewandt. Diese Regelung sei auch nicht verfassungswidrig. Die Rentenanwartschaften stünden nicht unter dem Schutz des Art. 14 GG, weil sie nicht auf Beitragsleistungen beruhten. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liege nicht vor. Die Ungleichbehandlung rechtfertige sich aus dem Umstand, dass für FRG-Zeiten keine Beiträge zu einem bundesdeutschen Rentenversicherungsträger entrichtet worden seien.

Gegen das ihr am 16.06.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.06.1999 Berufung eingelegt: Der die anrechenbaren Zeiten regelnde § 22b FRG sei verfassungswidrig. Er verstoße gegen das Sozialstaatsprinzip, was sich aus Art. 116 GG i.V.m. Art. 20 GG ergebe. Die erstgenannte Vorschrift fixiere die statusrechtliche Gleichstellung der geflüchteten und vertriebenen deutschen Volkszugehörigen mit den deutschen Staatsangehörigen, was auch hinsichtlich des Sozialstaatsprinzips gelte. Damit enthalte die Regelung auch ein Integrationsversprechen. Dieses Eingliederungsprinzip wäre durch die beanstandete Vorschrift beseitigt. Es liege auch ein Verstoß gegen Art. 3 GG vor. Ein sachgerechtes Kriterium zur Ungleichbehandlung liege nicht im Umstand, keine Beiträge zur deutschen Rentenversicherung erbracht zu haben. Die Beiträge erbringe der Staat. Damit sei die Klägerin so zu behandeln, als ob sie selbst Beiträge erbracht habe. Hieraus folge, dass auch ein Verstoß gegen Art. 14 GG vorliege.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. April 1999 und den Bescheid der Beklagten vom 27. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. September 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Witwenrente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten 1. und 2. Inst...

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