Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung und -berechnung- selbständiger Rechtsanwalt. Betriebseinnahme. Umsatzsteuerzahlung. Befreiung von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldung. Entstehung. Absetzungsbetrag. Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung. Fahrtkosten. Vorauszahlungen auf die Umsatzsteuer. Verteilung jährlich gezahlter Versicherungsbeiträge. Betriebsausgaben

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem selbständigen Rechtsanwalt, der aufstockend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezieht sind 1. Umsatzsteuerzahlungen als Einkommen 2. Aufwendungen für die Berufshaftpflichtversicherung als Absetzungsbetrag und nicht als Betriebsausgabe 3. Fahrtkosten nicht nach Nr 7003 RVG (juris: RVG-VV) sondern nach § 3 Abs 7 S 3 und 5 Alg II-V (juris: AlgIIV 2008) zu berücksichtigen.

 

Normenkette

SGB II § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 7 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, § 40 Abs. 2 Nr. 1; Alg-II-VO § 3 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, 7; SGB III § 328 Abs. 3 S. 2; UStG § 13 Abs. 1 Nr. 1, §§ 15, 16 Abs. 2, § 18 Abs. 2 S. 3; RVG § 1 S. 1; RVG VV Nr. 7003

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 10.04.2017; Aktenzeichen B 14 AS 333/16 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 9. September 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Höhe der endgültig festgesetzten Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und die Erstattung vorläufig gewährter Leistungen in Höhe von 1.729,26 € für den Zeitraum vom 01.04.2014 bis zum 30.09.2014.

Der im Jahr 1958 geborene Kläger ist als selbständiger Rechtsanwalt tätig und bezieht ergänzend Leistungen nach dem SGB II. Bis 30.06.2014 arbeitete er zusätzlich in Kooperation mit der Anwaltskanzlei A., B. & Kollegen in F.. Mit Bescheid vom 09.05.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger vorläufig Leistungen für die Zeit vom 01.04.2014 bis zum 30.09.2014. Mit Änderungsbescheiden vom 14.05.2014 und 22.05.2014 änderte der Beklagte die Bewilligung aus programmtechnischen Gründen bzw. auf Grund von Änderungen in der selbständigen Tätigkeit des Klägers ab. Der Kläger legte sowohl Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.05.2014 ein als auch gegen die Bescheide vom 14.05.2014 und vom 22.05.2014 ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2014 verwarf der Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 09.05.2014 und 14.05.2014 als unzulässig. Diese hätten sich durch den Änderungsbescheid vom 22.05.2014 erledigt.

Auf Anfrage des Beklagten teilte der Kläger mit Schreiben vom 10.10.2014 mit, seine Einnahmen und Ausgaben für die Zeit vom 01.04.2014 bis zum 30.09.2014 hätten sich wie folgt zusammen gesetzt:

Summe der Einnahmen:

8.604,00 € (netto)

abzüglich Summe der Ausgaben:

5.130,44 € (netto)

abzüglich gezahlte Beiträge Versorgungswerk:

673,01 € (netto)

_______________

Gewinn in Bewilligungszeitraum:

2.800,55 € (netto)

In den von ihm angegebenen Betriebsausgaben seien 321,10 € Reisekosten enthalten. Davon würden 266,10 € auf Fahrtkosten (887 km x 0,30 €) und 55 € auf im Monat April angefallene Tage - und Abwesenheitsgelder entfallen. Die Fahrten seien mit dem privaten PKW erfolgt. Bei den mitgeteilten Betriebseinnahmen handele es sich um Nettoeinnahmen, d.h. Einnahmen ohne Umsatzsteuer. Im Bewilligungszeitraum seien 1.488,88 € Umsatzsteuer eingenommen worden. Er müsse keine Umsatzsteuervoranmeldung machen, sondern die Umsatzsteuer einmal jährlich entrichten. Zwar müsse er nicht die gesamte Umsatzsteuer, wohl aber die Zahllast, d.h. die Differenz zwischen eingenommener Umsatzsteuer und Vorsteuer an das Finanzamt abführen. In dieser Höhe müsse eine Rückstellung erfolgen, um sicher zu stellen, dass die Umsatzsteuer bei Fälligkeit gezahlt werden könne. Er fertige deshalb nach wie vor vierteljährlich Umsatzsteuervoranmeldungen. Die danach gezahlten Beträge habe das Finanzamt ihm mit dem Hinweis zurück überwiesen, dass sie nicht gebucht werden könnten. Er habe den Betrag auf sein Sparbuch angelegt. Den in der Verwaltungsakte befindlichen Unterlagen lässt sich zudem ein Beitragsbescheid des Versorgungswerks vom 17.04.2014, der für das Jahr 2014 einen Monatsbeitrag von 86,50 € ausweist sowie ein Nachtrag zum Versicherungsschein der Continentale vom 15.04.2011, der einen jährlichen Beitrag zur Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung in Höhe von 194,90 € ausweist, entnehmen.

Mit Bescheid vom 14.01.2015 setzte der Beklagte die für den Zeitraum vom 01.04.2014 bis zum 30.09.2014 zu gewährenden Leistungen auf monatlich 341,12 € für die Monate April und Mai 2014 sowie auf monatlich 288,62 € für die Monate Juni bis September 2014 endgültig fest. Er ging dabei von einem Regelbedarf in Höhe von 391 € sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 492,51 € aus. Bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit legte er Einnahmen in Höhe von 10....

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