Entscheidungsstichwort (Thema)

Alterssicherung der Landwirte. Versicherungspflicht. Ehegatte eines Landwirts. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Die Einbeziehung von Ehegatten von Landwirten in die Versicherungspflicht nach § 1 Abs 3 ALG ist nicht verfassungswidrig (vgl BSG vom 12.2.1998 - B 10/4 LW 9/96 R = SozR 3-5868 § 1 Nr 1).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 25.01.2006; Aktenzeichen B 10 LW 5/05 B)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin versicherungspflichtig in der Alterssicherung für Landwirte/Gärtner (§ 1 Abs. 3 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG)) und zur Zahlung von Beiträgen verpflichtet ist.

Die Klägerin ist Ehefrau des Beigeladenen, eines landwirtschaftlichen/gärtnerischen Unternehmers. Beide wenden sich seit Jahren gegen die Entrichtung von Beiträgen zur landwirtschaftlichen/gärtnerischen Alterssicherung, dies ohne Erfolg (zuletzt im Falle der Klägerin klageabweisender Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Juli 2002 - S 6 LW 5804/01, die Berufung zurückweisendes Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. September 2003 - L 10 LW 3547/02, die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision als unzulässig verwerfender Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. April 2004 - B 10 LW 22/03 B, Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde der Klägerin durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) durch Beschluss vom 24. November 2004 - 1 BvR 1203/04).

Mit Bescheid vom 3. Februar 2004 forderte die Beklagte von der Klägerin rückständige Beiträge für die Zeit vom 1. Mai 2003 bis 31. Januar 2004 sowie Säumniszuschläge bis 16. Januar 2004 in Höhe von insgesamt 1853 €. Die Klägerin legte hiergegen am 18. Februar 2004 Widerspruch ein, den sie zum wiederholten male damit begründete, dass ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten als Ehefrau eines landwirtschaftlichen/gärtnerischen Unternehmers verfassungswidrig sei. Sie verstoße gegen die Eigentumsgewährleistung nach Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG), den Gleichheitssatz nach Artikel 3 Abs. 1 GG, die allgemeine Handlungsfreiheit nach Artikel 2 Abs. 1 GG und - mangels der Allgemeinheit des Gesetzes - gegen Artikel 19 Abs. 1 GG. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass an der Beitragspflicht der Klägerin, die mehrfach gerichtlich bestätigt worden sei, keine ernsthaften Zweifel bestünden. Diese könnten auch nicht aufgrund der vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken geweckt werden, denn die höchstrichterliche Rechtsprechung habe das System der landwirtschaftlichen Alterssicherung in verschiedenen Verfahren, zuletzt durch den Beschluss des BVerfG vom 9. Dezember 2003 - 1 BvR 558/99 - (mittlerweile veröffentlicht in BVerfGE 109, 96 und SozR 4-5868 § 1 Nr. 2), wiederholt bestätigt.

Die Klägerin erhob hiergegen am 15. März 2004 Klage bei dem Sozialgericht Stuttgart, zu deren Begründung sie ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren wiederholte und vertiefte. Das BVerfG habe im Beschluss vom 9. Dezember 2003 den Rechtsstreit nicht unter dem Gesichtspunkt des Artikels 14 GG geprüft. Entgegen den Annahmen des BVerfG liege auch ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit im Sinne des Artikel 2 Abs. 1 GG vor; die Versicherungspflicht könne nicht durch die relativ gute Rendite der landwirtschaftlichen Alterssicherung gerechtfertigt werden, denn diese sei nur durch Zuschüsse aus Steuergeldern möglich.

Mit Gerichtsbescheid vom 20. September 2004 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass offen gelassen werde, ob die Klage mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig sei, weil die grundsätzliche Beitragspflicht der Klägerin bereits durch den Instanzenzug rechtskräftig geklärt sei. Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten könnten die von der Klägerin vorgebrachten Argumente nicht durchschlagen. Das BVerfG habe im Beschluss vom 9. Dezember 2003 bereits alles Erforderliche gesagt. Soweit sich die Klägerin hiergegen wende, handele es sich der Substanz nach um ein rechtspolitisches Petitum, gekleidet in die Form einer Urteilsschelte, worüber zu befinden das sozialgerichtliche Streitverfahren erster Instanz nicht der geeignete Ort sei.

Die Klägerin hat gegen den ihr am 29. September 2004 zugestellten Gerichtsbescheid am 26. Oktober 2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre bisherigen Angaben.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. September 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2004 aufzuheben,

hilfsweise den Rechtsstreit nach Artikel 100 Abs. 1 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung, ob § 1 Abs. 3 ALG ihr Grundrecht auf Eigentumsgewährleistung nach Artikel 14 GG verletzt, vorzulegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das ang...

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