Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines ehemaligen freiwillig Wehrdienstleistenden auf Beschädigtenrente bzw. Versorgungskrankengeld

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch eines ehemaligen Soldaten der Bundeswehr auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach §§ 80, 81 SVG i. V. m. §§ 9 Abs. 1 Nr. 3, 31 BVG hat u. a. zur Voraussetzung, dass die geltend gemachte Gesundheitsstörung im Vollbeweis feststeht und mit Wahrscheinlichkeit auf die Tätigkeit als Wehrdienstleistender zurückzuführen ist.

2. Ist der Nachweis einer geltend gemachten, auf die Folgen des Wehrdienstes zurückzuführenden posttraumatischen Belastungsstörung nicht erbracht, so ist ein Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente ausgeschlossen.

3. Die Bewilligung von Versorgungskrankengeld nach § 82 Abs. 1 S. 1 SVG i. V. m. §§ 16 ff. BVG setzt das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung voraus.

4. Bei entsprechender Anwendung dieses Grundsatzes im sozialen Entschädigungsrecht ist wegen der Lohnersatzfunktion des Versorgungskrankengeldes zu verlangen, dass es sich bei der dienstlichen Tätigkeit, die aus Gesundheitsgründen nicht mehr verrichtet werden kann, um eine Erwerbstätigkeit handelt. Die Tätigkeit eines freiwillig Wehrdienstleistenden als Stabsdienstsoldat, der grundsätzlich alle Büroarbeiten in der Bundeswehr erledigt, ist nicht mit der Erwerbstätigkeit einer Bürokraft/kaufmännische Fachkraft gleichzusetzen.

5. Hat der ehemalige Soldat vor Beginn der Wehrdienstzeit keinen Beruf erlernt und lediglich Hilfstätigkeiten verrichtet, so ist für die zu beurteilende Arbeitsunfähigkeit maßgeblich, ob er noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten kann. Ist dies zu bejahen, so ist ein Anspruch auf Gewährung von Versorgungskrankengeld ausgeschlossen.

 

Tenor

Die Berufungen des Klägers gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. April 2011 und 30. Januar 2014 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch in den Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Beschädigtenversorgung, insbesondere Versorgungskrankengeld, nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).

Der 1985 geborene Kläger, welcher bei der AOK Baden-Württemberg gegen Krankheit zeitweise über seine Mutter familienversichert war, wurde in Mazedonien geboren und reiste 1991 in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) ein. Nach Erreichen der Mittleren Reife besuchte er die zweijährige Berufsfachschule Elektrotechnik der gewerblichen F.-von-St.-Schule in M..., die er jedoch nicht abschloss. Anschließend war er arbeitsuchend, wobei er verschiedene Hilfstätigkeiten ausübte. Bevor er im Jahre 2005 zur mazedonischen Armee eingezogen werden sollte, beantragte er die deutsche Staatsangehörigkeit, welche er im gleichen Jahr erhielt. Vom 22. Mai bis 30. Juni 2006 leistete er ein Praktikum im Altenzentrum St. F. in M.... Als Freiwillig Wehrdienstleistender war er vom 1. Juli 2006 bis 31. Mai 2008 bei der Bundeswehr, zuletzt im Dienstgrad als Hauptgefreiter. Die dreimonatige Grundausbildung leistete er in einem Fallschirmjägerbataillon in der W.-Kaserne in Wildeshausen. Anschließend war er als Stabsdienstsoldat und Militärkraftfahrer, wofür er einen mehrwöchigen Lehrgang unter anderem zum Erwerb der Dienstfahrerlaubnis belegte, in der W.-Kaserne in U... stationiert. Vom 18. Mai bis 12. September 2007 wurde er im Rahmen einer besonderen Auslandsverwendung beim 17. deutschen Einsatzkontingent Kosovo Force (EinsKtgt KFOR) als Stabsdienstsoldat, Militärkraftfahrer und Sprachmittler eingesetzt. Mitte Mai 2008 wurde er aus dem Bundeswehrkrankenhaus U... bis zum Ende der Wehrdienstzeit als "krank zu Hause" entlassen. Von Juni 2008 bis einschließlich Oktober 2011 bezog er Arbeitslosengeld II, erstmals aufgrund der Entscheidung des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 1. Oktober 2008. Ab Anfang September 2008 besuchte er etwa ein Jahr lang das Abendgymnasium der Volkshochschule P... GmbH, ohne die für Juli 2012 vorgesehene Abiturprüfung abzulegen. Am 12. September 2011 nahm er eine Tätigkeit für die … Zeitarbeits-Gesellschaft GmbH in M... auf.

Während des Auslandseinsatzes wurde gegen ihn am 30. Juni 2007 wegen unkameradschaftlicher Äußerungen ("Du kannst deinem Hauptfeldwebel sagen, er kann mich mal am Arsch lecken. Du musst es ja nicht so direkt sagen.") eine Disziplinarbuße von 250 EUR verhängt. Daraufhin teilte der Oberstleutnant G. der Stammdienststelle des Klägers mit, er beabsichtige nicht, diesen zum 1. Juli 2007 zum Hauptgefreiten zu befördern. Die Kurzfristigkeit dieser Entscheidung beruhe auf der Häufung von Verfehlungen in den letzten Tagen sowie mehrfach durchgeführter Belehrungen und Ermahnungen seit Beginn des Kontingentes. Er halte den Kläger zurzeit nicht dieser Beförderung würdig. Seine Eignung und Leistung entsprächen derzeit nicht den Anforderungen. Mehrfache Dienstvergehen während des Einsatzes wie selbstständiges Entfernen vom Fahrzeug außerhalb der KFOR-Liegenschaften, Rückwärt...

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