Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassung. Sprachtherapeut. erforderliche Ausbildung. Klinischer Linguist

 

Orientierungssatz

1. Soweit § 124 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 5 die Zulassung eines Leistungserbringers (hier Sprachtherapeut) davon abhängig macht, daß der Antragsteller "die für die Leistungserbringung erforderliche Ausbildung" besitzt, bedeutet dies, daß der Betroffene eine Ausbildung absolviert haben muß, die ihn dazu befähigt, therapeutische Maßnahmen entsprechend Inhalten der Richtlinien über die Verordnung von Heilmitteln und Hilfsmittel in der vertragsärztlichen Versorgung durchzuführen.

2. "Klinische Linguisten" decken lediglich Teile des Leistungsspektrums ab, das von den die Sprachtherapie abgebenden Heilmittelerbringern zur Verfügung zu stellen ist. Sie besitzen nicht die erforderliche Ausbildung iS des § 124 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 5.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.09.2001; Aktenzeichen B 3 KR 13/00 R)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Zulassung der Klägerin gemäß § 124 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) als Sprachtherapeutin streitig.

Mit am 26. Juli 1996 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben beantragte die Klägerin, geboren ... 1954, die Zulassung als Klinische Linguistin in S. Sie beabsichtige, in der ... in S in Untermiete eine Praxis zu eröffnen. Nach dem Studium der Anglistik und Germanistik mit Schwerpunkt Sprachwissenschaft habe sie ein Zweitstudium in Neuro-/ Patholinguistik an der Albert-Ludwigs-Universität in F absolviert. Anschließend sei sie mit der Arbeit "Linguistische und Psycholinguistische Aspekte agrammatischer Spontansprachproduktion -- Eine neurolinguistische Studie --" am 11. Februar 1994 zum Dr. phil. promoviert worden. Während ihrer Promotionszeit habe sie entsprechend den Ausbildungsbestimmungen des Bundesverbandes Klinische Linguistik e.V. (BKL) ein dreimonatiges Praktikum in verschiedenen Rehabilitationskliniken absolviert. Vom 01. November 1993 bis 31. Oktober 1994 sei sie als Linguistin im Praktikum an der Fachklinik Bad H unter Leitung von Dr. A. K tätig gewesen. Im Mai 1995 habe sie ihre Abschlußprüfung zum Klinischen Linguisten abgelegt. Seit 15. November 1994 sei sie als Klinische Linguistin/Sprachtherapeutin an der Neurologischen Klinik Bad A tätig, wo sie täglich zwischen sechs und elf Patienten behandele. Zu ihrer Tätigkeit gehörten Diagnostik und Therapie von Aphasien, Agraphien, Alexien, Textverarbeitungsstörungen, Apraxien, Dysarthrien, Dysarthrophonien, Dysarthropneumophonien, Aphonien, funktionellen Stimmstörungen, Akalkulien, Demenzen und Dysphagien, sowie ferner Angehörigenberatung und Gruppentherapie. Seit Oktober 1995 führe sie im übrigen bei endoskopischen Pharyngo-Laryngoskopien die Untersuchung zur Diagnostik von Stimm- und Schluckstörungen durch. Die Klägerin legte einen Lebenslauf unter Angabe von absolvierten Praktika und besuchten Weiterbildungsveranstaltungen vor, Praktikumsbescheinigungen der Kliniken S vom 28. August 1986 und des Therapiezentrums B vom 29. September 1993, das Zeugnis der Fachklinik Bad H vom 09. Januar 1995 einschließlich Leistungsnachweisen, diverse Bestätigungen über die Teilnahme an Tagungen, Workshops bzw. Seminaren, das Zertifikat des BKL vom 05. April 1995, wonach die Klägerin die vom BKL festgesetzten Kriterien zur Führung der Berufsbezeichnung "Klinische Linguistin (BKL)" erfülle, das vorläufige Zeugnis der Albert-Ludwigs-Universität F vom 11. Februar 1994 und das weitere Schreiben vom 15. Februar 1995 sowie die Informationsbroschüren des BKL "Klinische Linguistik", "Therapie neurogener Sprach- und Sprechstörungen durch Klinische Linguisten" und "Berufsbild 'Klinische Linguistik', Erläuterungen zum Berufsbild der Klinischen Linguistik", ferner einen im September 1995 zwischen dem BKL und dem IKK Bundesverband geführten Schriftwechsel, Untersuchungs-, Befund- bzw. Protokollbögen der Neurologischen Klinik Bad A sowie eine Auflistung von GOÄ-Nummern im Bereich der Sprachtherapie. Die auf Veranlassung der Beklagten hinzugezogene Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. V beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in F befürwortete ausweislich ihrer Stellungnahme vom 16. August 1996 die beantragte Zulassung nicht. Neben den ausgebildeten Logopäden könnten unter besonderen Bedingungen staatlich anerkannte Sprachtherapeuten sowie staatlich geprüfte Atem-, Sprech- und Stimmlehrer (Schule S-A) einen Vertrag erhalten. In den zur Bearbeitung von Zulassungsanträgen bundesweit verbindlichen Vereinbarungen "Verfahren zur Bearbeitung von Zulassungsanträgen § 124 SGB V" seien eindeutig die Berufsgruppen genannt, für die die Erteilung einer Zulassung nicht in Frage komme. Ausdrücklich seien hier die Sprachwissenschaftler, Linguisten sowie Sprachwissenschaftler mit der Spezialisierung "Stimm- und Sprachtherapie" genannt. In diesen Bereich falle auch die Klägerin. Gestützt auf diese Empfehlung lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 26. August 1996 ab. Im Widerspruchsverfahren verwies die Klägerin ...

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