Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfüllung der für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erforderlichen 45-jährigen Wartezeit. Bezug von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn. Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 51 Abs 3a Nr 3 SGB 6. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 13 R 19/17 R

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen für eine Altersrente für besonders langjährige Versicherte gem den §§ 51, 236b SGB VI und deren Verfassungsmäßigkeit (unter Bezugnahme auf Urteil des LSG Stuttgart vom 21.6.2016 - L 9 R 695/16 - juris).

 

Orientierungssatz

Die Regelung der §§ 38, 51, 236b SGB 6 verstößt weder gegen den Gleichheitssatz (Art 3 GG) noch gegen die Garantie des Eigentums (Art 14 GG) noch sonst gegen höheres Recht (Anschluss an LSG Stuttgart vom 21.6.2016 - L 9 R 695/16).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.03.2019; Aktenzeichen B 13 R 19/17 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom  23. Februar 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

Der 1952 geborene Kläger war bei der H. D. AG als Leiharbeiter und Flurförderfahrzeugfahrer in der Abteilung Materialfluss in W. beschäftigt. Gegen Zahlung einer Abfindung von 76.199,75 € wurde das Arbeitsverhältnis mit einem unter dem 14. Mai 2012 geschlossenen Aufhebungsvertrag mit Ablauf des 31. Mai 2012 beendet. Anschließend schloss der Kläger einen “Vertrag über ein Beschäftigungsverhältnis„ im Zusammenhang mit dem abgeschlossenen Aufhebungsvertrag zum Wechsel in die Transfergesellschaft im Rahmen des HEIDELBERG-Sozialplans mit der w.-p. GmbH ab. Gemäß § 2 dieses Vertrages endete das Beschäftigungsverhältnis zum 31. Mai 2013, ohne dass es einer Kündigung bedurfte. Sodann meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Die Bundesagentur für Arbeit gewährte sodann Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis zum 30. Mai 2015. Seit dem 1. Oktober 2015 bezieht der Kläger Altersrente für langjährig Versicherte auf Grund des Rentenbescheides vom 16. Juli 2015 nach seinem Rentenantrag dazu vom 16. April 2015 mit einem monatlichen Abschlag von 9 Prozent.

Im Versicherungskonto des Klägers sind Beitragszeiten auf Grund abhängiger Beschäftigung bis zum 31. Mai 2013, im Zeitraum 1. Juni 2013 bis 30. Mai 2015 Beitragszeiten auf Grund des Bezuges von Geldersatzleistungen wegen Arbeitslosigkeit und Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug von 31. Mai bis 30. September 2015 vermerkt.

Am 26. Februar 2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 236 b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Mit Bescheid vom 12. März 2015 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab, da die Wartezeit von 45 Jahren nicht erfüllt sei. Das Versicherungskonto enthalte bis zum 31. Dezember 2014 529 Beitragsmonate, so dass die erforderliche Anzahl von 540 Monaten nicht erreicht sei. Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn zählten nur mit, wenn diese Folge einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers seien. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Ohne diese Zeiten weise das Versicherungskonto nur 529 Kalendermonate auf.

Hiergegen erhob der Kläger am 31. März 2015 Widerspruch, den er damit begründete, dass die gesetzliche Regelung, wonach Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht angerechnet würden, verfassungswidrig sei. Er sei nur deswegen arbeitslos geworden, weil sein Arbeitgeber, die H. D. AG, die Insolvenz in Aussicht gestellt habe. Nur durch Freisetzung von mindestens 250 Mitarbeitern und durch die Gewährung eines staatlichen Überbrückungskredits sei die kurz bevorstehende Insolvenz abgewendet worden. Deswegen seien die älteren Mitarbeiter entlassen und in eine Auffanggesellschaft integriert worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. November 2015 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger erfülle die Wartezeit von 45 Jahren nicht. Die nach Entlassung beim vorherigen Arbeitgeber zur Abwendung einer Insolvenz erfolgte und auf ein Jahr befristete Integrierung älterer Mitarbeiter in eine Auffanggesellschaft erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen einer Wartezeitanrechnung nicht. Der bisherige Arbeitgeber führe den Geschäftsbetrieb weiter. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die geltende Regelung bestünden nicht.

Am 9. November 2015 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Die gegenwärtige Rechtslage sei verfassungswidrig. Es müssten Ausnahmetatbestände bzw. Übergangsregelungen geschaffen werden. Nach der früheren Rechtslage seien...

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