Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfüllung der für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erforderlichen 45-jährigen Wartezeit. Bezug von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nach einem freiwilligen Arbeitsplatzverlust infolge einer Auflösungsvereinbarung mit dem Arbeitgeber. Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 51 Abs 3a Nr 3 SGB 6. Ungleichbehandlung. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Rentenanwartschaft. Vertrauensschutz

 

Leitsatz (amtlich)

Der Ausschluss der Anrechnung der letzten zwei Jahre des Bezugs von Arbeitslosengeld auf die Wartezeit von 45 Jahren ist (jedenfalls) in den Fällen, in denen der Arbeitsplatzverlust freiwillig durch Auflösungsvereinbarung mit dem Arbeitgeber erfolgte, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

SGB VI § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3, § 236b Abs. 1, § 34 Abs. 4; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.08.2017; Aktenzeichen B 5 R 16/16 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

Der am … 1951 geborene Kläger war bei der D. AG als PKW-Verkäufer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde aufgrund eines unter dem 01.02.2011 geschlossenen Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung von 45.000,- Euro (brutto) mit Wirkung zum 31.12.2011 beendet. Der Kläger meldete sich anschließend arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 07.02.2012 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld ab dem 01.01.2012 für 720 Tage und stellte für die Dauer von 12 Wochen (01.01.2012 bis 24.03.2012) den Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe fest. Auf den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser vorbrachte, sein Hausarzt habe ihm wegen gesundheitlicher Beschwerden zur Arbeitsaufgabe geraten, half die Bundesagentur für Arbeit dem Widerspruch ab und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 07.03.2012 Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.01.2012 bis 30.12.2013.

Am 23.07.2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 237 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Am selben Tag beantragte er die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 236b SGB VI. Die Bundesagentur für Arbeit meldete eine Zeit vom 01.01.2014 bis 31.03.2014 wegen Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug. Zwischen dem 01.04.2014 und dem 22.08.2014 sei keine Meldung erfolgt, da der Kläger gearbeitet habe, vom 23.08.2014 bis 31.08.2014 habe eine erneute Meldung ohne Leistungsbezug vorgelegen. Im Versicherungskonto des Klägers sind bis zum 31.12.2011 Beitragszeiten aufgrund abhängiger Beschäftigung vermerkt und ab dem 01.01.2012 bis 30.12.2013 Beitragszeiten aufgrund von Entgeltersatzleistungen wegen Arbeitslosigkeit. Zwischen dem 23.06.2014 und dem 22.08.2014 sind nochmals Beitragszeiten wegen abhängiger Beschäftigung vermerkt.

Mit Bescheid vom 14.10.2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 01.09.2014. Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 29.10.2014 Widerspruch, den er damit begründete, dass die Arbeitslosigkeit vor der Rente mit 63 vollständig anzuerkennen sei. Es liege ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz vor.

Mit Schreiben vom 04.11.2014 teilte die Beklagte mit, dass die Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der Rentenberechnung berücksichtigt worden seien. Mit dem angefochtenen Bescheid sei über den Antrag auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit entschieden worden, der Anrechnungsausschluss gelte nur bei der Prüfung der Wartezeit von 45 Jahren. Zu dieser Rentenart sei noch kein Bescheid erteilt worden.

Mit Bescheid vom 07.11.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab, da die Wartezeit von 45 Jahren nicht erfüllt sei. Das Versicherungskonto enthalte bis zum 31.08.2014 nur 525 Beitragsmonate, sodass die erforderliche Anzahl von 540 Monaten nicht erreicht sei. Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn zählten nur mit, wenn diese Folge einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers seien. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Ohne diese Zeiten weise das Versicherungskonto nur 525 Kalendermonate auf.

Mit Schreiben vom 25.11.2014 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 07.11.2014 Widerspruch und nahm den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.10.2014 zurück. Zur Begründung verwies er darauf, dass Musterverfahren zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angestrebt würden. Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.11.2014 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.03.2015 zurück mit der Begründung, der Kläger erfülle die Wartezeit von 45 Jahren nicht. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen...

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