Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. keine Kostenerstattung für "Elektroakupunktur nach Voll". Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Die Behandlung und Diagnostik mittels Elektroakupunktur nach Dr Voll war und ist keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.

2. Der Leistungsausschluss verstößt nicht gegen Art 2 Abs 1 und Abs 2 GG (vgl BSG vom 10.5.2005 - B 1 KR 25/03 R = SozR 3-2500 § 34 Nr 2).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 09.11.2006; Aktenzeichen B 10 KR 3/06 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 21. Juni 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine Kostenübernahme für eine Diagnostik bzw. Behandlung mit Hilfe der Elektroakupunktur nach Dr. Voll (im Folgenden: EAV).

Der 1936 geborene und bei der Beklagten versicherte Kläger wurde ausweislich des Befundberichtes der Universitätsklinik F, Uni-Zentrum Naturheilkunde, vom 13.10.2003 zwischen 1974 und 1980 in der Zahnklinik F behandelt. Nachdem bereits mehrmals Amalgamfüllungen mit neuen ausgetauscht worden waren, wurden schließlich zwischen 1978 und 1980 alle Zähne extrahiert ohne Besserung der Beschwerden. In der Folgezeit seien in zahlreichen Operationen im Kiefer Eitermengen ausgeräumt worden, die auf Röntgenaufnahmen nicht zu erkennen und nur mittels EAV diagnostiziert worden seien. Bereits seit 1978 stand der Kläger bei (Zahn-) Ärzten in Behandlung, die ihn mittels der EAV behandelten und ihm Arzneimittel verordneten.

Nachdem ein erster Erstattungsstreit vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) - L 4 KR 2721/86 - durch Vergleich geendet hatte, beantragte der Kläger im September 1991 bei der Beklagten, in der Zukunft die Kosten sowohl seiner Behandlung bei der Ärztin für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren Dr. K als auch der von dieser verordneten Medikamente zu übernehmen. Gestützt auf ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) lehnte die Beklagte die Kostenerstattung mit der Begründung ab, die EAV sei nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ausgeschlossen. Widerspruch, Klage, Berufung und Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 02.06.1992, Urteil des Sozialgerichts Freiburg - SG - vom 31.05.1994 - S 9 KR 978/92; Beschluss des LSG vom 14.02.1996 - L 4 KR 1764/94; Beschluss des Bundessozialgerichts - BSG - vom 09.12.1997 - 10/4 BK 1/96 -).

Am 04.11.2003 stellte der Kläger bei der Beklagten den streitbefangenen Antrag, die Kosten für die Behandlung mit Hilfe der EAV zu übernehmen. Alle anderen Therapiemethoden hätten bei ihm versagt. Die EAV sei geeignet, ein so schweres Herdgeschehen, wie es bei ihm vorliege, zu lindern.

Mit Bescheid vom 07.11.2003 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab, weil es sich bei der Elektroakupunktur nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung handle. Ein Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Kostenübernahme dieser Behandlungsmethode sei nicht gefasst worden. Außerdem seien die von den Anwendern und Vertreibern der Geräte postulierten Erfolge nicht wissenschaftlich belegt.

Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch legte der Kläger den Bericht der Universitätsklinik F, Uni-Zentrum Naturheilkunde, vom 13.10.2003 vor und machte geltend, die Ablehnung entspreche nicht den medizinischen Gegebenheiten im Einzelfall. Die kieferchirurgischen Behandlungen hätten nicht zu einer durchgreifenden Besserung geführt. Die EAV ergänze die konventionelle Therapie, um Nebenwirkungen zu mildern, eine Schwächung der Abwehrkräfte zu verhindern, die Lebensqualität zu bessern und Rückfällen vorzubeugen. Letztlich sei die Krankheitsursache nicht geklärt und nach dem Urteil des BSG vom September 1997 (1 RK 28/95) könne bei Krankheiten unbekannter Ursache an die Behandlungsmethode kein strenger Wirksamkeitsnachweis angelegt werden. Eine Kostenerstattung sei auch dann möglich, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen das Mittel noch nicht bewertet und in das Leistungsverzeichnis aufgenommen habe. Als Wirksamkeitsnachweis genüge es, wenn das Mittel (oder das Heilverfahren) in die Medizin Eingang gefunden habe und wenn es von einer nennenswerten Zahl von Ärzten angewandt werde, was hier der Fall sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Aufgrund einer Überprüfung des Nutzens, der medizinischen Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Elektroakupunktur nach Voll habe der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen beschlossen, dass diese Methode nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfe.

Deswegen erhob der Kläger Klage zum SG mit der Begründung, nach ärztlicher Beurteilung sei die Kieferknochenentzündung ausschließlich nur mit Hilfe der EAV zu beh...

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