nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Reutlingen (Entscheidung vom 11.04.2001; Aktenzeichen S 3 V 897/00)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.11.2005; Aktenzeichen B 9a/9 V 8/03 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. April 2001 aufgehoben.Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte die dem Kläger gewährte Beschä-digtenversorgung gem. § 1 a Bundesversorgungsgesetz (BVG) entziehen kann.

Der 1922 in S./P. geborene Kläger, der sich nach seinen Angaben nach der Musterung durch die Wehrmacht zur Kavallerie freiwillig zur Waffen-SS meldete und dort im Juni 1941 eintrat, zog sich nach den Unterlagen der Deutschen Dienststelle am 08.01.1942 Erfrierungen an beiden Füßen zu und am 12.01.1943 eine Granatssplitterverletzung am linken Unterarm. Seinen Angaben zufolge geriet er am 12.05.1945 in russische Kriegs-gefangenschaft, aus der er am 19.10.1945 den Polen übergeben wurde. Er musste im Bergwerk unter Tage arbeiten und erkrankte im Januar 1948 an rechtsseitiger Rippen-fellentzündung. Am 21.04.1950 wurde er aus polnischem Gewahrsam kommend in das Lager F. entlassen. Bis August 1952 war er dann als Hilfsarbeiter bei einer Tiefbaufirma beschäftigt.

Wegen "rechtsseitiger Rippenfellschwarte. Teilverlust am rechten Großzehenendglied. Narbe nach Granatsplitterverletzung am linken Ellenbogen. Allgemeiner Schwächezu-stand nach Kriegsgefangenschaft" bewilligte die Landesversicherungsanstalt Schles-wig-Holstein dem Kläger mit Bescheid vom 18.11.1950 eine Kriegsbeschädigtenrente ab 01.11.1950 in Höhe einer 30 %igen Erwerbsminderung. Mit Bescheid des Versor-gungsamtes Flensburg vom 20.02.1951 erfolgte die Umerkennung nach dem BVG. Mit dem Neufeststellungsbescheid vom 30.11.1953 wurden Beschädigtenversorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 vom Hundert (v. H.) sowie Aus-gleichsrente ab 01.07.1953 gewährt. Mit Neufeststellungsbescheid vom 17.02.1959 wurde die MdE wegen "Geschlossene Lungentuberkulose rechts. Erfrierungsfolgen an der rechten Großzehe. Belanglose Narbe an der rechten Ellenbeuge" auf 80 v. H. her-abgesetzt. Im Juni 1960 nahm der Kläger, der noch bis Juni 1961 auch eine Invaliden-rente bezog (seit 03.07.1953), eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf. Aus-gleichsrente wurde noch bis 31.08.1962 gewährt. Eine weitere Herabsetzung der MdE auf 60 v. H. erfolgte mit Bescheid vom 20.09.1962 ab 01.11.1962. Seit 01.08.1983 be-zieht der Kläger von der Landesversicherungsanstalt Baden flexibles Altersruhegeld (Bescheid vom 14.09.1983).

Aufgrund einer anonymen Anzeige aus dem Jahre 1960, in der behauptet wurde, der Kläger habe sich gerühmt, einem Erschießungskommando im Osten angehört zu ha-ben, wurde gegen ihn bei der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen in Lud-wigsburg ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet, das zu einem anderen Ermittlungsver-fahren bei der Staatsanwaltschaft Coburg abgegeben wurde. Im Rahmen der Vorermitt-lung wurde der Kläger am 08.08.1961 von der Sonderkommission - Zentrale Stelle - des Landeskriminalamts Baden-Württemberg auf der Polizeidienststelle in A. vernommen. Er gab damals an, vermutlich Ende August/Anfang September 1941 sei seine SS-Einheit auf dem Marsch an die russische Front durch den zuletzt russisch besetzten Teil Polens gekommen. In einer kleineren Stadt sei eine Marschpause eingelegt worden. In der Frühe des darauf folgenden Tages hätte auch seine Einheit befehlsgemäß sämtli-che Bewohner aus den Häusern geholt und auf dem Marktplatz zusammengetrieben. Anschließend hätte seine Kompanie den Befehl erhalten, zu einer näher bezeichneten Stelle etwa 2 km außerhalb der Stadt abzurücken und dort weitere Befehle abzuwarten. Nachdem die zusammengetriebene Zivilbevölkerung eingetroffen sei, sei von dieser zunächst eine Gruppe von Männern exekutiert worden. Anschließend sei eine Gruppe von Frauen mit Kindern erschossen worden. Dabei hätten sich verschiedene Schützen verweigert und absichtlich beiseite geschossen. Auch sei unter verheirateten SS-Angehörigen Unruhe aufgekommen. Es sei dann auch eine gewisse Unruhe und Miss-stimmung aufgekommen. Wegen des schlechten Schießens seien auch die Unterführer unzufrieden gewesen. Eine bereitgestellte weitere Gruppe von Frauen und Kindern sei nicht mehr erschossen worden, da ein höherer Wehrmachtsoffizier eingeschritten sei. Die Akte wurde 1972 weggelegt. Von der Zentralen Stelle wurde 1967 ein weiteres Vorermittlungsverfahren gegen den Kläger eingeleitet, das an die Staatsanwaltschaft Hannover abgebeben wurde. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens wurde der Kläger am 28.02.1979 erneut auf dem Kriminalkommissariat F. vernommen. Dabei gab er u. a. an, ihm sei nicht ein Fall be-kannt geworden, wonach es während seiner Zugehörigkeit zur 1. SS-Infanterie-Brigade und anschließend zur 1. SS-Panzer-Grenadier-Division "Horst Wessel" an der Os...

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