Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. keine Verletzung des Sozialgeheimnisses. Datenerhebung bei Vermieter

 

Leitsatz (amtlich)

Das Sozialgeheimnis nach § 35 Abs 1 SGB 1 wird nicht verletzt, wenn die für die Leistungsbewilligung nach dem SGB 2 erforderlichen Daten nur bei Dritten erhoben werden können.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.01.2012; Aktenzeichen B 14 AS 65/11 R)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Beklagte unbefugt Sozialgeheimnisse offenbart hat, indem sie sich mit Schreiben vom 12.02.2008 sowie in mehreren nachfolgenden Telefonaten an die vormalige Vermieterin der Kläger gewandt hat, um u.a. aufzuklären, wann diese die Kaution an die Kläger auszahle.

Der 1957 geborene Kläger zu 1 und seine 1966 geborene Ehefrau (die Klägerin zu 2) bewohnten zusammen mit ihren in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Kindern A. (geb. 28.01.1993; A.P.) und L. P. (geb. 17.12.1997; L.P.) sowie vier weiteren Familienangehörigen (siehe Bl. 92, 110 d. Bekl.-Akt.) ein 125 qm großes Haus in A im Landkreis E.. Die Kaution für dieses Haus hatten die Kläger selbst hinterlegt (Bl. 64 d. Bekl.-Akt.). Mit Schreiben vom 26.07.2007 (Bl. 14 d. Bekl.-Akt.) kündigte die Vermieterin W. F. (W.F.), vertreten durch den Haus- und Grundbesitzerverein E. e.V., mit Ablauf des 30.04.2008 das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Zu diesem Zeitpunkt wies das Kautionskonto einen Guthabenstand von 2611,78 € aus. Am 09.12.2007 unterzeichneten die Kläger einen Mietvertrag für ein aus sechs Zimmern, einem Garten und einer Garage bestehendes Haus zu einer Kaltmiete in Höhe von 850 € ab 15.02.2008 und vereinbarten eine Mietkaution in Höhe von 1.700 € (vgl. Bl. 17 d. Bekl.-Akt.).

Mit Schreiben vom 20.12.2007 (Bl. 39 d. SG-Akt.) bestätigte die Arbeitsgemeinschaft Landkreis E., bei der die Kläger im SGB II-Leistungsbezug standen, die Notwendigkeit des Auszugs aus der bisherigen Wohnung im Sinne des § 22 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Auf den Antrag der Kläger vom 10.01.2008 (Bl. 1 d. Bekl.-Akt.) bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 29.01.2008 (Bl. 57 d. Bekl.-Akt.) den Klägern und den mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 15. bis 29.02.2008 in Höhe von 330,31 € und vom 01.03. bis 31.07.2008 in Höhe von monatlich 660,66 €.

Mit Bescheid vom 29.01.2008 (Bl. 65 d. Bekl.-Akt.) lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers zu 1 vom 14.01.2008 (Bl. 52 d. Bekl.-Akt.) ab, darlehensweise die Mietkaution für das Haus im S.weg in Bad H. zu übernehmen. Zur Begründung führte sie aus, für das bisherige Mietverhältnis in A sei eine Kaution in Höhe von 2611,78 € hinterlegt. Diese könne zur Begleichung der neuen Kaution eingesetzt werden. Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein und begründeten diesen u.a. damit, die für das bisherige Mietverhältnis in A hinterlegte Kaution stünde ihnen aller Voraussicht nach erst mit Ablauf der sechsmonatigen Prüfungsfrist der W.F., mithin weit nach Fälligkeit der Mietkaution für das Haus in Bad H. zur Verfügung (Bl. 79 d. Bekl.-Akt.).

Mit Schreiben vom 12.02.2008 (Bl. 68 d. Bekl.-Akt.) wandte sich die Beklagte an den Haus- und Grundbesitzerverein E. unter dem Betreff “Leistungen nach dem SGB II Mietverhältnis Einfamilienhaus L. Straße 23, A F. (Ihr Mitglied)/P.„ und teilte mit, sie gehe “davon aus, dass die hinterlegte Kaution unmittelbar nach Auszug an Familie P. zur Auszahlung„ komme. Andernfalls bitte sie um Mitteilung unter Nennung der Gründe sowie des Auszahlungstermins. Sollte die Kaution nur teilweise an die Kläger ausbezahlt werden, bitte sie, ihr die Höhe des Betrags sowie die Gründe hierfür mitzuteilen.

Am 28.02.2008 beantragten die Kläger bei der Beklagten, die Kosten für je einen Schrank für A.P. und L.P. zu übernehmen, und führten aus, insoweit über keine Schränke zu verfügen, da sich im zuvor bewohnten Haus in A Einbauschränke befunden hätten; zudem bräuchten sie auch neue Vorhänge (Bl. 111 d. Bekl.-Akt.).

Am 29.02., 03.03. und 17.03.2008 rief die Beklagte den Haus- und Grundbesitzerverein E. e.V. an und erkundigte sich bezüglich ihres Schreibens vom 12.02.2008 nach dem Sachstand (Bl. 76 Rs., 77, 108 Rs. d. Bekl.-Akt.).

Mit Beschluss vom 13.03.2008 lehnte das Sozialgericht Freiburg (SG) einen Antrag der Kläger vom 27.02.2008 ab, die Beklagte zu verpflichten, die Mietkaution in Höhe von 1.700 € im Wege einer einstweiligen Anordnung darlehensweise zu übernehmen (Az: S 18 AS 998/08 ER).

Am 19.03.2008 (Bl. 110 Rs. d. Bekl.-Akt.) telefonierte die Beklagte mit dem Ehemann der Vermieterin. Dieser erklärte, am 14.03.2008 den Klägern die Kaution abzüglich offener Nebenkosten sowie Reparaturkosten in Höhe von rund 550 € in Höhe von ca. 2.000 € in bar ausbezahlt zu haben. Desweiteren teilte er mit, das Mietshaus in A sei mit drei Einbauschränken ausgestattet gewesen.

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