Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Abschluss eines Versorgungsvertrages im Fachgebiet Psychotherapeutische Medizin (PTM). Krankenhaus. Zulassungsbegrenzung. Verfassungsmäßigkeit. Krankenhausbehandlung. Bedarfsgerechtigkeit. Krankenhausplanung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Vorrang der staatlichen Krankenhausplanung hat zur Folge, dass der Abschluss eines Versorgungsvertrags (VV) nach § 108 Nr 3, § 109 SGB 5 ausscheidet, solange im Einzugsbereich der den Abschluss eines VV anstrebenden Klinik Anträge anderer Krankenhäuser auf Aufnahme in den Krankenhausplan vorliegen, die noch nicht bestandskräftig beschieden sind (Abweichung von BSG vom 29.5.1996 - 3 RK 23/95 = BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1, BSG vom 29.5.1996 - 3 RK 26/95 = BSGE 78, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2 und BSG vom 20.11.1996 - 3 RK 7/96 = SozR 3-2500 § 109 Nr 3).

2. Der Krankenhausplanung ist ein Gestaltungsspielraum einzuräumen, jedenfalls dann, wenn ein Anspruch eines Krankenhausträgers auf Abschluss eines VV im Streit steht, der durch ein paralleles Vorgehen vor den Verwaltungsgerichten gegen die Feststellungen der Aufnahme anderer Krankenhäuser in den Krankenhausplan vorgeht bzw. die eigene Aufnahme in den Krankenhausplan betreibt und damit die Bestandskraft des Krankenhausplanes verhindert.

 

Orientierungssatz

1. Die Begrenzung der Zulassung von Krankenhäusern nach dem Bettenbedarf ist eine zulässige Einschränkung des durch Art 12 Abs 2 GG geschützten Grundrechts der Berufsfreiheit der Krankenhausbetreiber, wie sie zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit der Krankenhausversorgung geboten ist.

2. Ein Krankenhaus ist dann bedarfsgerecht, wenn es nach seinen objektiven Gegebenheiten in der Lage ist, einen vorhandenen Bedarf gerecht zu werden. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn die von dem Krankenhaus angebotenen Betten zusätzlich notwendig sind, um den in seinem Einzugsbereich aktuell vorhandenen Bettenbedarf zu decken, sondern auch dann, wenn ein Krankenhaus neben oder an Stelle eines anderen Krankenhauses geeignet wäre, den fiktiv vorhandenen Bedarf zu decken.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2007 abgeändert und die Klage vollumfänglich abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Abschluss eines Versorgungsvertrages (VV) nach § 109 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) im Fachgebiet Psychotherapeutische Medizin (PTM) streitig.

Die Klägerin, die mittlerweile als GmbH & Co. KG firmiert, ist seit Juli 1993 Betreiberin der M.-B.-Klinik in K., einer Fachklinik für Psychosomatik und Ganzheitsmedizin. Am 1. Januar 1993 wurde für die Klinik ein VV als Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung (§ 111 SGB V) über insgesamt 60 Betten abgeschlossen, von denen in der Regel 45 Betten für gesetzlich Krankenversicherte mit psychosomatisch/psychovegetativen Erkrankungen bereitgestellt wurden. Am 3. März 1993 wurde zudem ein VV für die Krankenhausversorgung (§ 109 Abs. 1 SGB V) über 42 Betten für das Fachgebiet Psychiatrie (Leistungsschwerpunkt Psychosomatik) abgeschlossen. Beide VV traten jeweils am 1. Juli 1993 in Kraft.

Mit Schreiben vom 14. März 1997 beantragte die Klägerin die Erweiterung des bestehenden VV nach § 109 SGB V von 42 auf 80 Betten im Wesentlichen mit der Begründung, es bestehe ein zunehmender Bedarf an Krankenhausbetten für die Akutversorgung, insbesondere in den Bereichen Ess-, Angst- und Persönlichkeitsstörungen, aber auch bei depressiven Anpassungsstörungen. Das zeige sich in zunehmend längeren Wartezeiten.

Nachdem sich die von den Beklagten eingeleitete Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) B.-W. über einen längeren Zeitraum hinzog, hat die Klägerin am 13. Januar 1999 Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben (S 10 KR 240/99). Mit Schreiben vom 15. September 1999 hat die Klägerin das Behandlungskonzept erläutert und u. a. ausgeführt, man wünsche eine Erweiterung um 40 Krankenhausbetten für das (durch die Änderung der Weiterbildungsordnung 1995 eingeführte) Fachgebiet PTM. Das SG hat zunächst mit Beschluss vom 12. August 1999 das Verfahren bis zum Ablauf des Jahres ausgesetzt, weil ein zureichender Grund dafür vorliege, dass die Beklagten bislang noch nicht über den Antrag entschieden hätten.

Die Beklagten (bzw. ihre Rechtsvorgänger) lehnten den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 22. Dezember 1999 ab. Zur Begründung verwiesen sie auf die Rahmenkonzeption für die Krankenhausplanung für das Fachgebiet PTM des Sozialministeriums B.-W. sowie den dazu ergangenen Beschluss des Landeskrankenhausausschusses (LKHA) vom 19. Oktober 1999. Durch den Beschluss des LKHA, der durch entsprechende Feststellungsbescheide der Regierungspräsidien in der nächsten Zeit vollzogen werde, sei d...

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