Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Verfügbarkeit. Erreichbarkeit des Arbeitslosen nach dem SGB 3

 

Orientierungssatz

1. Eine Weiterleitung der Briefpost aufgrund Nachsendeauftrags an einen neuen Wohnort, der frühestens einen weiteren Tag später erreicht wird, läßt die Möglichkeit einer zeit- und ortsnahen Reaktion iS des § 1 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 2 ErreichbAnO iVm § 119 Abs 3 Nr 3 SGB 3 entfallen.

2. § 1 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 2 ErreichbAnO sind von der Ermächtigungsgrundlage der §§ 152 Nr 2, 376 Abs 1 S 1 SGB 3 gedeckt.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 21.06.2001; Aktenzeichen B 7 AL 18/01 B)

BSG (Urteil vom 20.06.2001; Aktenzeichen B 11 AL 10/01 R)

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung über Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Pflicht zur Erstattung von DM 1.973,70 zuzüglich Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von DM 770,04.

Der ... 1952 geborene Kläger, gelernter Elektroingenieur, war bis Januar 1990 bei VEB S als Bauleiter beschäftigt. Im Februar 1990 übersiedelte er ins damalige Bundesgebiet und nahm nach wenigen Tagen Wohnung in R Vom 1. März 1990 bis 30. Juni 1991 war er als technischer Angestellter in R, anschließend bis 31. Dezember 1993 als Elektroingenieur in B beschäftigt. Sodann bezog er vom Arbeitsamt L Arbeitslosengeld (Alg), ab 3. Januar 1995 Alhi. Von Februar bis Juli 1997 betrieb er einen selbständigen Einzelhandel, nach weiterem Bezug von Alhi sodann von März bis August 1998 einen Autohandel. Auf die neue Arbeitslosmeldung zum 1. September 1998 bewilligte das Arbeitsamt L ab diesem Tag durch Bescheid vom 2. September 1998 wieder Alhi nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von DM 1.330,-- und einem wöchentlichen Leistungssatz (Leistungsgruppe A/Kindermerkmal 1) von DM 406,35. Die Leistung wurde bis 31. Oktober 1998 gezahlt.

Am 6. November 1998 gelangte ein an den Kläger gerichteter Brief des Arbeitsamts L an dieses zurück mit der Angabe der neuen Anschrift ... in F Das Arbeitsamt L richtete an den Kläger unter dem 16. November 1998 eine formularmäßige Anhörung zum Umzug; vom Tag nach diesem bis zum Eingang der Mitteilung hierüber stehe er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Am 24. November 1998 räumte der Kläger gegenüber dem Arbeitsamt L telefonisch ein, er sei umgezogen und habe sich bei diesem nicht abgemeldet. Auf entsprechenden Hinweis meldete er sich am 26. November 1998 beim Arbeitsamt F arbeitslos und beantragte dort Alhi. Auf Anfrage des Arbeitsamts L nannte das Einwohnermeldeamt R als Tag der Abmeldung der dortigen Wohnung "ab 28. September 1998". Auf die Arbeitslosmeldung vom 26. November 1998 bewilligte das Arbeitsamt F ab diesem Datum wieder Alhi und nach Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 13. Januar 1999 Überbrückungsgeld. Durch Bescheid vom 3. Februar 1999 erklärte das Arbeitsamt L das Arbeitsamt F für zuständig. Durch weiteren Bescheid vom 3. Februar 1999 hob das Arbeitsamt L die Bewilligungsentscheidung ab 28. September 1998 auf und verpflichtete den Kläger zur Erstattung der von da an bis 31. Oktober 1998 gezahlten Alhi von DM 1.973,70. Zur Begründung war dargelegt, mit dem Umzug nach F am 27. September 1998 sei eine wesentliche Änderung eingetreten, die den Anspruch habe entfallen lassen; die Aufhebung sei den Umständen nach auch für die Vergangenheit vorzunehmen. Der Forderungsbetrag werde in einer Summe mit noch zustehenden Leistungen aufgerechnet. Durch Bescheid vom 16. Februar 1999 verpflichtete das Arbeitsamt F den Kläger zur Erstattung der auf die Alhi in der Zeit vom 28. September bis 31. Oktober 1998 geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt DM 770,04. Der Kläger erhob gegen die Bescheide Widerspruch. es treffe zu, daß er -- aus finanziellen Gründen -- zu seiner Tochter nach F umgezogen sei. Den Umzug habe er gegenüber dem Arbeitsamt L nicht mitgeteilt, insbesondere in der Annahme, er werde alsbald erneut -- nach Norddeutschland -- umziehen. Er habe einen Nachsendeauftrag erteilt. Jedenfalls habe er nicht grob fahrlässig seine Mitteilungspflicht verletzt. Im übrigen sei ihm in der streitigen Zeit kein Vermittlungsangebot unterbreitet worden. Es ergingen der zurückweisende Widerspruchsbescheid des Arbeitsamts L vom 22. Juli 1999 und derjenige des Arbeitsamts F vom 21. September 1999.

Mit den beiden Klagen zum Sozialgericht Freiburg (S 7 AL 2589/99 und S 7 AL 3133/99, verbunden durch Beschluß vom 15. Dezember 1999 zum ersten Aktenzeichen) hat der Kläger im wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Nachdem er in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Umzug einen Nachsendeauftrag erteilt habe, sei seine Erreichbarkeit tatsächlich nur gering verzögert worden. Die Vermittlung eines Arbeitsplatzes sei mithin konkret nicht erschwert gewesen. Immerhin habe ihm das Arbeitsamt L später noch eine Beschäftigung im Raum M, also von F aus näher erreichbar, angeboten. Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten. Der Umzug vom ...

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