Verfahrensgang

AG Solingen (Entscheidung vom 01.07.2010; Aktenzeichen 7 M 3877/10)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 06.09.2012; Aktenzeichen VII ZB 84/10)

 

Tenor

Die angefochtene Entscheidung wird abgeändert:

Auf die Erinnerung des Schuldners wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Solingen vom 1. Juli 2010 - 7 M 3877/10 - teilweise, unter Abschnitt B, dahin abgeändert, dass dem Schuldner bis zur Deckung des Anspruchs der Gläubigerin von dem nach Abschnitt A errechneten Nettoeinkommen monatlich nur verbleiben 760,00 EUR zuzüglich 1/2 des Mehrbetrages.

Die Gläubigerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus dem Zwischenvergleich vom 10. Mai 2010 (37 F 312/08, AG Solingen), in dem sich der Schuldner verpflichtet hat, an die Gläubigerin bis zum rechtskräftigen Abschluss der Folgesache "Nachehelicher Unterhalt" einen monatlichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 556,00 EUR zu zahlen. Wegen eines Unterhaltsrückstands von 556,00 EUR sowie des künftig fällig werdenden Unterhalts hat die Gläubigerin den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 1. Juli 2010 erwirkt, durch den die angeblichen Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin auf Zahlung des gegenwärtigen und zukünftigen Arbeitseinkommens gepfändet worden sind. Unter Abschnitt B dieses Beschlusses ist angeordnet, dass dem Schuldner von dem Nettoeinkommen nur verbleiben dürfen 760,00 EUR monatlich. Zur Begründung ist ausgeführt, dass ein neuer Ehepartner des Schuldners - der Schuldner ist seit dem 10. Juni 2010 erneut verheiratet - gegenüber der geschiedenen Ehefrau als der vollstreckenden Gläubigerin nachrangig sei und keine Berücksichtigung finde.

Gegen diesen Beschluss hat der Schuldner mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 7. Juli 2010 "sofortige Beschwerde" eingelegt und geltend gemacht, ihm als wiederverheiratetem Schuldner dürften nicht lediglich 760,00 EUR monatlich pfandfrei verbleiben; diese "Reduktion des pfandfreien Betrages" sei unzulässig. Hilfsweise hat er die Erhöhung des pfandfreien Betrages gemäß § 850 f ZPO beantragt. Die Gläubigerin als die geschiedene Ehefrau sei nicht gegenüber seiner Ehefrau, der gegenüber er mangels eigener Einkünfte unterhaltsverpflichtet sei, bevorrechtigt.

Die Gläubigerin ist dem Rechtsbehelf entgegengetreten und hat geltend gemacht, sie habe gemäß §§ 1609, 1582 BGB gegenüber dem Schuldner einen vorrangigen Unterhaltsanspruch, da die Ehe von langer Dauer gewesen sei, was auch im Rahmen der Zwangsvollstreckung zu berücksichtigen sei.

Das Amtsgericht hat die sofortige Beschwerde des Schuldners als Erinnerung gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgefasst, die es durch die angefochtene Entscheidung, auf die verwiesen wird, zurückgewiesen hat. Zur Begründung ist ausgeführt, schon der erste Anschein spreche dafür, dass die titulierten Ansprüche der geschiedenen Ehefrau gegenüber den Unterhaltsansprüchen der jetzigen Ehefrau vorrangig seien.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Schuldner mit der rechtzeitig bei dem Amtsgericht eingegangenen Rechtsmittelschrift seiner Verfahrensbevollmächtigten, auf die verwiesen wird. Er begehrt die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne seines erstinstanzlichen Begehrens.

Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Die Gläubigerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Mit Beschluss vom heutigen Tage hat der Einzelrichter das Verfahren über die sofortige Beschwerde der Kammer in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung gemäß § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO übertragen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.

Das gemäß §§ 793, 567 Abs. 1 ZPO als sofortige Beschwerde zulässige Rechtsmittel des Schuldners hat in der Sache Erfolg. Es führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang.

Bei der bevorrechtigten Pfändung wegen Unterhaltsansprüchen gemäß § 850 d ZPO - wie hier - ist nach Abs. 1 S. 2 der Norm dem Schuldner so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten oder zur gleichmäßigen Befriedigung der dem Gläubiger gleichstehenden Berechtigten bedarf. Insoweit bestimmt Abs. 2 der Norm zur Reihenfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter die Berücksichtigung der Reihenfolge nach § 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wobei mehrere gleich nahe Berechtigte untereinander den gleichen Rang haben sollen.

Seine Bevorrechtigung im Sinne der Vorschrift des § 1609 Nr. 2 BGB hat der Gläubiger nachzuweisen. Es liegt nahe, insoweit die gleichen Grundsätze anzuwenden, wie sie für die Vollstreckung eines Anspruchs aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nach § 850 f Abs. 2 ZPO gelten (vgl. Prütting/Gehrlein-Arens, ZPO, 1. Aufl., § ...

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