Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachwirkung der Belegungsbindung bei öffentlich geförderter Wohnung

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Der Angehörige des Vermieters, für den die Wohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt werden soll, bedarf auch nach Ende der Bindung an die Kostenmiete (WobindG § 16a) der Wohnberechtigung.

 

Gründe

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Der Kläger hat allerdings inzwischen die ihm zum Aufbau (Wiederaufbau) des Hauses gewährten öffentlichen Mittel vorzeitig freiwillig zurückgezahlt (vgl. § 16 WoBindG). Die freiwillige vorzeitige Rückzahlung der öffentlichen Mittel geschah offensichtlich deshalb, um die von der Beklagten innegehaltene, für den Sohn des Klägers vorgesehene Mietwohnung freizubekommen. Der Kläger hat hierbei allerdings die Bestimmungen von § 16 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 nicht genügend beachtet. Denn nach § 16 Abs. 3 Nr. 3 WoBindG gilt im Falle einer freiwilligen vorzeitigen Rückzahlung als Darlehen bewilligter öffentlicher Mittel eine sog. Nachwirkungsfrist von 8 Kalenderjahren nach dem Jahr der Rückzahlung, längstens jedoch bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die gewährten Darlehen nach Maßgabe der Tilgungsbedingungen vollständig zurückgezahlt worden wären (§ 16 Abs. 1 S. 1 WoBindG). In der mündlichen Verhandlung ist aufgrund der Erklärungen des Klägers unstreitig geworden, daß die öffentlichen Darlehen, die der Kläger zum Aufbau (Wiederaufbau) des Hauses erhalten hat, noch auf Jahre hinaus nach den Tilgungsbestimmungen abzutragen gewesen wären, hätte sie der Kläger nicht vorzeitig freiwillig zurückgezahlt.

Der Kläger irrt allerdings in seiner Auffassung, die in § 16 WoBindG enthaltene Nachwirkungsfrist von 8 Jahren sei aufgrund des Änderungsgesetzes v. 11.7.1985 (BGBl. I S. 1277) geändert worden bzw. weggefallen. Zwar kann "außerhalb der Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf" - zu denen das Gebiet der Stadt Siegen unstreitig nicht gehört - an die Stelle der achtjährigen Nachwirkungsfrist nach § 16 Abs. 1 und Abs. 4 WoBindG eine abkürzbare Nachwirkungsfrist treten oder auch die sofortige Beendigung der Eigenschaft "öffentlich gefördert". Dies gilt aber nur dann, wenn die Wohnung im Zeitpunkt der Rückzahlung nicht vermietet ist oder, wenn die Wohnung zwar im Zeitpunkt der Rückzahlung vermietet ist, der Mieter aber trotz Aufforderung des Verfügungsberechtigten zum Einkommensnachweis seine Wohnberechtigung nicht fristgerecht nachgewiesen hat. Unstreitig ist im vorliegenden Fall, daß die von dem Kläger wegen Eigenbedarfs begehrte Wohnung vermietet ist, nämlich an die Beklagte. Unstreitig ist weiter, daß der Kläger der Beklagten zwar die vorzeitige freiwillige Rückzahlung der gewährten Aufbaudarlehen mitgeteilt hat, daß aber die Beklagte andererseits ohne Zweifel die Voraussetzungen für die Erteilung einer Wohnberechtigungs-Bescheinigung weiterhin erfüllt.

Nach § 16a WoBindG entfällt zwar in Städten und Gemeinden unter 200000 Einwohnern das "Kostenmietgebot" 6 Monate nach der (vorzeitigen, freiwilligen und vollständigen) Rückzahlung. Die Beklagte wird demgemäß möglicherweise in baldiger Zukunft ein kräftiges Mieterhöhungsverlangen des Klägers erhalten, das für sie das weitere Innehalten der für sie und ihren Ehemann zweifellos stadtnah gehaltenen Mietwohnung untragbar machen könnte. Dieser Umstand könnte die Veränderungsabsichten der Beklagten beschleunigen und beflügeln, die von ihr z. Z. im Hause des Klägers bewohnte Wohnung zu verlassen. Entsprechende Wohn-Änderungsabsichten hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung bereits geäußert, ohne sich freilich auf einen bestimmten Zeitpunkt festlegen zu wollen bzw. zu lassen, wann sie die im Hause des Klägers innegehaltene Mietwohnung verlassen werde. Vor einer Kündigung - auch wegen Eigenbedarfs des Klägers - ist die Beklagte allerdings z. Z. geschützt, weil der Kläger auch trotz der von ihm vorgenommenen vorzeitigen freiwilligen Rückzahlung der ihm gewährten öffentlichen Darlehen die Voraussetzungen von § 16 WoBindG i.d.F.d.G. v. 11.7.1985 (BGBl. I S. 1277) nicht nachgewiesen hat. Eine Kündigung einer Sozialwohnung - auch wegen Eigenbedarfs - ist aber unwirksam, wenn der Vermieter oder der Familienangehörige (im vorliegenden Fälle also der Sohn des Klägers) nicht im Besitze einer Wohnberechtigungsbescheinigung ist. Unstreitig ist der Sohn des Klägers nicht im Besitze einer Wohnberechtigungsbescheinigung; nach dem derzeitigen, der Kammer zur Entscheidung vorliegenden Sachverhalt, ist mit einer Erteilung einer Wohnberechtigungsbescheinigung für den Sohn des Klägers auch nicht zu rechnen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1736517

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