Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzansprüche eines Mieters, der aufgrund vorgetäuschten Eigenbedarfs freiwillig seine Wohnung räumt

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Mieter steht gegen den Vermieter ein Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung zu, wenn der Vermieter entweder eine Eigenbedarfskündigung androht oder sich darauf beschränkt, Eigenbedarf anzumelden, und der Mieter daraufhin freiwillig auszieht.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 26. März 1997 verkündete Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken, Az.: 4 C 691/96, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 16.690,82 DM festgesetzt.

 

Gründe

Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, auf die in der Berufungsinstanz zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 19.09. und 21.11.1997 Bezug genommen.

Die Kammer hat gemäß dem Beweisbeschluß vom 17.10.1997 Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21.11.1997 Bezug genommen.

Die Berufung der Klägerin ist gemäß den §§ 511, 511 a, 516, 518, 519 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist somit zulässig.

Sie ist jedoch nicht begründet. Denn der Klägerin steht, wovon auch das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht ausgegangen ist, gegen den Beklagten kein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung in Anwendung der zum vorgetäuschten Eigenbedarf entwickelten Grundsätze zu.

Ein Schadensersatzspruch des Mieters nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung besteht dann, wenn der Vermieter eine Eigenbedarfskündigung gegenüber dem Mieter gemäß § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgesprochen hat und dieser die Eigenbedarfskündigung entweder lediglich vorgetäuscht hat oder der zunächst bestehende Eigenbedarf vor Auszug des Mieters wieder entfällt, ohne dass der Vermieter dem Mieter hiervon Mitteilung macht (vgl. Urteil der erkennenden Kammer vom 19.12.1988, WuM 1989, S. 251 ff; Urteil der erkennenden Kammer vom 19.05.1995, Az.: 13 BS 135/94; OLG Karlsruhe, Rechtsentscheid v. 07.10. 1981, OLGZ 1982, S. 117 ff.). Denn mit der wegen des Fehlens materieller Gründe unwirksamen Kündigung macht der Vermieter dem Mieter den Gebrauch der Mietsache streitig und verletzt damit schon seine Vertragspflichten. Geschieht dies schuldhaft, wobei Fahrlässigkeit genügt, und erwächst dem Mieter daraus ein Schaden, so ist der Vermieter dem Mieter aus dem Gerichtspunkt der positiven Vertragsverletzung ersatzpflichtig (vgl. Urteile der erkennenden Kammer aaO, mit weiteren Nachweisen). Darüberhinaus verletzt der Vermieter seine dem Mieter gegenüber bestehenden Obliegenheitspflichten und ist ein Schadensersatzanspruch nach diesen Grundsätzen gerechtfertigt, wenn er dem gekündigten Mieter eine nach Zugang der Kündigung freigewordene Wohnung im selben Hausanwesen, die für den eigenen Bedarf nicht geeignet erscheint, nicht anbietet (vgl. Urteil der erkennenden Kammer vom 19.05.1995, Az.: 13 BS 135/94, mit zahlreichen weiteren Nachweisen), aber auch dann, wenn der Vermieter mit dem Mieter einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit abschließt, ohne diesen bei Vertragsabschluß darauf hinzuweisen, dass -- bei vorausschauender Planung -- die Möglichkeit einer nur begrenzten Mietdauer wegen des Eintritts eines Eigenbedarfsfalles in absehbarer Zeit besteht (vgl. Urteile der erkennenden Kammer vom 25.08.1995, Az.: 13 BS 15/95 sowie vom 14.08.1997, Az.: 13 BS 97/97, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Über diese Fallgestaltungen hinaus macht der Vermieter dem Mieter das Mietverhältnis streitig und erwächst diesem ein Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung, wenn der Vermieter entweder eine Eigenbedarfskündigung androht oder sich darauf beschränkt, einen Eigenbedarf anzumelden, und der Mieter daraufhin freiwillig auszieht. Für den Tatbestand der positiven Vertragsverletzung ist es nämlich unerheblich, ob die den Bedarf begründenden Tatsachen in Form einer wirksamen Kündigung angegeben werden oder ob sich der Mieter, z.B. auf eine mündliche Unterredung hin, bereit erklärt, mit dem Vermieter wegen des Eigenbedarfs einen Mietaufhebungsvertrag abzuschliessen. In Fällen dieser Art kommt es immer nur darauf an, dass der Mieter den Besitz an der Wohnung deshalb aufgibt, weil er von der Richtigkeit der Erklärungen des Vermieters überzeugt ist. Eine derart motivierte Besitzaufgabe liegt auch dann vor, wenn ein Mieter sich zur Besitzaufgabe entschließt, ohne die Ernsthaftigkeit des Nutzungswunsches des Vermieters -- sei es auf eine erklärte Kündigung oder auf eine bloße Ankündigung der Selbstnutzung der Wohnung hin -- zu überprüfen; es genügt, dass der Mieter keinen Anlaß hatte, den Angaben des Vermieters zu mißtrauen (vgl. BayObLG, Rechtsentscheid v. 25....

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