Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung des Wohnraummietvertrages wegen Zahlungsverzugs: Bedingungsfeindlichkeit der Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle. Fristlose Kündigung des Wohnraummietvertrages wegen Zahlungsverzugs: Mitwirkungspflicht des Vermieters an der Begleichung der Mietrückstände innerhalb der Schonfrist

 

Orientierungssatz

1. Die Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle (hier: Wohnungsamt) im Sinne des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB nach einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges ist bedingungsfeindlich. Sie kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass der bedürftige Mieter in der Wohnung verbleiben könne. Eine bedingte Erklärung würde einen Verzicht des Vermieters auf sonstige Kündigungsgründe, etwa wegen Vertragsverletzung abverlangen, so dass sie nicht zu einer im Rahmen des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB erforderlichen Zahlungsverpflichtung führen kann.

2. Eine treuwidrige Vereitelung der Begleichung der Mietschulden durch den Vermieter wegen einer Verletzung von Mitwirkungspflichten liegt nicht vor, wenn der Vermieter die bestehenden Zahlungsrückstände im Kündigungsschreiben unmissverständlich angegeben hat. Eine darüber hinausgehende Mitwirkungspflicht trifft den Vermieter nicht.

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Amtsgerichts München vom 22.8.2002 (GZ: 453 C 11086/02) wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis 30.9.2003 eingeräumt.

 

Tatbestand

Eine Abfassung des Tatbestands entfällt unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil gemäß § 540 I S. 1 Nr. 1 ZPO.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.

Die Kündigung vom 21.02.2003 hat das Mietverhältnis zwischen den Parteien wirksam beendet.

Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung war die Beklagte jedenfalls mit der Mietzahlung für Oktober 2001 sowie für Dezember 2001 in Zahlungsverzug, so dass der Kündigungsgrund des §§ 543 II S. 1 Nr. 3 a), 569 III Nr. 1 BGB vorlag. Auf die Wirksamkeit der Vorfälligkeitsklausel § 4 des Mietvertrages vom 31.10.2997 kam es insoweit nicht an, da insoweit lediglich eine- hier unterstellte- Zahlung am 4.2.2002 für die Februarmiete noch rechtzeitig wäre. Auf jeden Fall lag zum Zeitpunkt der Kündigung Verzug der Beklagten mit der Oktober und Dezembermiete 2001 vor.

Die Kündigung ist auch nicht wegen Begleichung sämtlicher Zahlungsrückstände gemäß § 569 III Nr. 2 BGB unwirksam geworden. Die Schonfrist lief am 26.06.2002, d. h. 2 Monate nach Rechtshängigkeit der Räumungsklage am 26.04.2002 ab. Innerhalb dieser Frist waren nicht alle Mietrückstände beglichen. Selbst wenn man entsprechend des Beklagtenvortrags von Zahlungen am 4.2.2002 sowie am 27.2.2002 ausgeht und offen lässt, wie die (unterstellten) Zahlungen

- vom 29.4.2002, nämlich mit der Dezembermiete 2001 oder mit der Maimiete 2002, sowie

- vom 27.2.2002, nämlich mit der Aprilmiete 2002 oder mit der Oktobermiete 2001,

verrechnet werden, waren jedenfalls noch Zahlungsrückstände der Beklagten bis zum 26.6.2002 gegeben.

Überdies lag innerhalb der Schonfrist keine Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin seitens der Landeshauptstadt München gemäß § 569 III Nr. 2 S. 1 BGB vor. Selbst wenn man von der bestrittenen Kontaktaufnahme des Sachbearbeiters M mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 13.6.2002 ausgeht, wurde hier eine Zahlung davon abhängig gemacht, dass die Beklagte in der Wohnung verbleiben könne. Damit wurde nicht lediglich auf den Umstand hingewiesen, dass die Übernahmeerklärung abgegeben wird, um dem Mieter die Wohnung zu erhalten (so Schmitt/Futterer, Mietrecht, 7. Auflage, § 554, Rd. 74). Die bedingte Erklärung würde einen Verzicht des Vermieters auf sonstige Kündigungsgründe, etwas wegen Vertragsverletzung abverlangen, so dass sie nicht zu einer im Rahmen des § 569 III Nr. 2 BGB erforderlichen Zahlungsverpflichtung führen kann (vgl. NJW- RR 1997, 395; ZMR 1996, 663).

Ferner liegt keine treuwidrige Vereitelung der Begleichung der Mietschulden innerhalb der Schonfrist seitens der Klägerin vor. Ein Verstoß gegen § 242 BGB wäre nur dann gegeben, wenn die Klägerin eine Mitwirkungspflicht gegenüber der Beklagten verletzt hätte.

Die Klägerin hat hier ihrer Mitwirkungspflicht schon durch die unmissverständliche Angabe der bestehenden Zahlungsrückstände im Kündigungsschreiben Genüge getan (§ 569 IV BGB). Der Beklagten muss daraus ersichtlich sein, welche Zahlungen, zumindest nach Ansicht der Klägerin, noch offen sind. Eine darüber hinausgehende Mitwirkungspflicht trifft die Klägerin als Vermieterin nicht.

Überdies liegt die Begleichung der Mietzinsschulden innerhalb der Schonfrist im Risikobereich des Mieters, was sich daraus ergibt, dass die Erklärung innerhalb der Schonfrist zugegangen sein soll (vgl. Sternel, Mietrecht, 3. Auflage, IV Rd. 423). Die Einhaltung der Schonfrist ist insofern nicht Sache des Vermieters. Bezüglich der Begleichung...

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