Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine fristlose Kündigung wegen Verletzung des Vermieters durch Notwehrmaßnahme des Mieters

 

Orientierungssatz

1. Versucht sich der Vermieter gegen den Willen des Mieters mit Gewalt den Zutritt zur Mietwohnung zu verschaffen und wird er infolge der nicht unangemessenen Abwehrmaßnahmen des Mieters verletzt, so liegt darin kein Grund für eine fristlose Vermieterkündigung.

2. Auch bei der fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses über Wohnraum müssen die dafür maßgebenden Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben als Wirksamkeitsvoraussetzung konkret mitgeteilt werden.

3. Im Räumungsverfahren kann die beantragte Feststellung der Erledigung der Hauptsache nur dan ausgesprochen werden, wenn die Klage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses (Räumung, Schlüsselrückgabe) zulässig und begründet war.

 

Tatbestand

Der Beklagte war auf Grund des Mietvertrages vom 16.12.1974 Mieter einer möblierten 2-Zimmer-Wohnung im Hause der Klägerin in Sch., B.-Str; der Mietzins betrug monatlich DM 350,--.

Mit Schreiben vom 12.6.1975 (Bl I, 8), dessen Zugang bestritten ist, kündigte die Klägerin das Mietverhältnis fristlos, weil der Beklagte "wiederholt gegen den § 7 Abs b und c des Mietvertrages sowie gegen die Hausordnung verstoßen" habe. Der Beklagte zog am 2.7.1975 aus und sandte die Wohnungsschlüssel durch am 9.7.1975 gestempeltes Einschreiben an die Klägerin zurück.

Mit am 2.7.1975 beim Amtsgericht eingegangenem und dem Beklagten am 9.7.1975 zugestellten Klageschriftsatz begehrte die Klägerin die Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Im Termin vom 15.7.1975 erging zunächst antragsgemäß ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten. Nach dem Einspruch erklärte die Klägerin im Termin vom 16.9.1975 die Hauptsache für erledigt, während der Beklagte Aufhebung des Versäumnisurteils vom 15.7.1975 und Klagabweisung beantragte.

Durch Urteil vom 11.11.1975, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, entsprach das Amtsgericht den Anträgen des Beklagten, da die Klage schon bei Einreichung unbegründet gewesen sei.

Gegen das nicht zugestellte Urteil legte die Klägerin am 14.1.1976 Berufung ein, die sie am 5.2.1976 begründete.

Die Klägerin trägt ua vor, daß dem Beklagten das Kündigungsschreiben vom 12.6.1975 bekannt gewesen sein müsse. Auch müsse in der Erhebung der Klage eine zulässige Kündigung gesehen werden. Diese werde insbesondere darauf gestützt, daß der Beklagte am 30.6.1975 auf ihre - der Klägerin - berechtigte Frage, ob er die Wohnung räumen werde, sofort auf sie eingeschlagen und sie verletzt habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des AG Schwetzingen vom 11.11.1975 aufzuheben und festzustellen, daß die Hauptsache erledigt ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, daß der Klageschriftsatz erst nach der Räumung zugegangen sei und daß die Schlüssel sofort nach der Räumung zurückgegeben worden seien. Die Klägerin habe am 30.6.1975 in die Wohnung eindringen wollen und zu diesem Zweck den Fuß zwischen die Tür gestellt. Hiergegen habe er sich nur gewehrt; dabei habe er jedoch nicht auf die Klägerin eingeschlagen und sie verletzt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß den §§ 511ff ZPO zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet, weil die Räumungsklage im Zeitpunkt der Erledigung nicht begründet war, so daß das Amtsgericht im Ergebnis die Klage zu Recht abgewiesen hat.

Der Klägerin ist zwar zuzugeben, daß die von ihr begehrte Feststellung der Erledigung in vorliegendem Verfahren möglich ist, da bei Klagezustellung am 9.7.1975 die Schlüssel noch nicht zurückgegeben, sondern erst abgesandt waren; die bei einer wirksamen fristlosen Kündigung bestehende Rückgabepflicht des Beklagten gemäß § 556 BGB war daher zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfüllt.

Die Feststellung der Erledigung kann aber nur dann ausgesprochen werden, wenn die Klage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses (Räumung und Schlüsselrückgabe) zulässig und begründet war (Baumbach-Lauterbach, ZPO, 33. Aufl, § 91a Anm 2C; Thomas-Putzo, ZPO, 8. Aufl, § 91a Anm 7a bb). An letzterer Voraussetzung fehlt es jedoch, weil die Klägerin nicht wirksam gekündigt hatte.

Bezüglich der fristlosen Kündigung vom 12.6.1976 kann dahin stehen, ob der Beklagte diese erhalten hat; denn die Kündigung ist nicht ordnungsgemäß begründet. Gerade auch bei fristlosen Kündigungen ist die Angabe konkreter, spezifizierter Kündigungsgründe eine Wirksamkeitsvoraussetzung (Roquette, Das Mietrecht des BGB, 1966, § 564 Rn 17, 20; Schmidt-Futterer, Wohnraumschutzgesetze, 2. Aufl, Rn B 64, 65). An dieser Voraussetzung mangelt es, da in der Kündigung vom 12.6.1975 lediglich unspezifiziert auf Verstöße gegen den Mietvertrag und die Hausordnung hingewiesen wurde.

Bezüglich der im Klagschriftsatz vom 1.7.1975 liegenden fristlosen Kündigung kann ebenfalls offen bleiben, ob die formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen, ...

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