Nachgehend

OLG Köln (Urteil vom 29.02.2012; Aktenzeichen 16 U 57/11)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Parteien sind weltweit tätige Kabelhersteller. Sie standen seit 2003 in ständiger Geschäftsbeziehung: die in Deutschland ansässige Klägerin importierte zwischen Januar 2003 und Januar 2009 für ihre Herstellung von Lichtwellenleiterseilen (LWL-Seilen) insgesamt rund 628.000 km von der in (Süd-)Korea ansässigen Beklagten produzierte Glasfasern (Lichtwellenleiter) im Gesamtwert von 5.400.000,00 €. Einen Rahmenvertrag hatten die Parteien diesbezüglich nicht vereinbart. Die Klägerin bestellte die für ihr Werk in Köln bestimmten Glasfasern vielmehr nach Bedarf im Abstand von ungefähr drei bis vier Wochen, indem sie der Beklagten jeweils eine Bestellung ("purchase order") übermittelte, die neben einer spezifischen Auflistung der benötigten Glasfasern auch stets einen auf die INCOTERMS-Klausel "Delivered Duty Paid" verweisenden Vermerk "Terms of delivery: DDP Cologne" enthielt. Damit korrespondierend versandte die Beklagte - ohne vorherige Auftragsbestätigung - Rechnungen ("commercial invoice"), welche gleichfalls den Vermerk "DDP Cologne" enthielten. Auch vermerkte die Beklagte auf den von ihr ausgestellten Transportdokumenten ("Air Waybill") "DDP Cologne" und lieferte die bestellten Glasfasern dementsprechend frachtfrei und verzollt von (Süd-)Korea nach Deutschland zum Werk der Klägerin in Köln.

Nunmehr streiten die Parteien über Mängel. Die Klägerin reklamiert einen zu hohen temperaturabhängigen Dämpfungsanstieg der Glasfasern, welche sie bei der Produktion von insgesamt rund 15.000 km für die Installation von Überlandleitungen bestimmten LWL-Seilen verwendet und an Endabnehmer in und außerhalb Europas vertrieben hat. Betroffen seien bislang nur Glasfasern, die nach dem 01.03.2005 bestellt worden seien. Unter Bezugnahme auf eine als solche umstrittene Garantieerklärung der Beklagten vom 07.12.2007 bzw. wegen der von ihr behaupteten Mangelhaftigkeit der Glasfasern verlangt die Klägerin mit umfassender, ins Einzelne gehender Begründung Schadensersatz und Minderung gemäß Art. 74, 50 CISG sowie Zinsen gemäß Art. 78 CISG.

Die internationale und örtliche Zuständigkeit des von ihr angerufenen Landgerichts Köln will die Klägerin aus § 29 ZPO herleiten und führt dazu aus, die Parteien hätten in ihrer Korrespondenz mit der Bezugnahme auf die INCOTERM-Klausel DDP und die Angabe von "Cologne" als Lieferort abweichend von Art. 31 CISG Köln als Erfüllungsort vereinbart. Mit der Vereinbarung der Klausel sei von einer Bringschuld der Beklagten auszugehen. Die Bestimmung des Leistungsortes eröffne den Gerichtsstand des Erfüllungsortes. Die Parteien hätten eine Erfüllungsortvereinbarung mit Gerichtsstandsfolge getroffen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.075.587,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2009 aus einem Betrag von 961.121,69 € seit dem 28.12.2009 und aus einem Betrag von 114.466,50 € seit dem 08.07.2010 zu zahlen,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen, die ihr daraus entstanden sind und noch entstehen, dass Glasfasern, welche die Beklagte der Klägerin bis einschließlich Januar 2009 geliefert hat, nach der Integration in Lichtwellenleiterseile ein nicht dem Stand der Technik entsprechendes temperaturabhängiges Dämpfungs-phänomen, nämlich einen Dämpfungsanstieg von mehr als 0.05 dB/km zeigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und hilfsweise wiederklagend

die Klägerin zu verurteilen, an sie 81.522,00 € nebst Zinsen in Höhe von 6 Prozent aus 62.455,68 € vom 23.02.2009 bis zum 12.11.2010, in Höhe von 6 Prozent aus 19.066,32 € vom 24.03.2009 bis zum 12.11.2010 sowie in Höhe von 20 Prozent aus 81.522,00 € seit dem 12.11.2009 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte, die den Ausführungen der Klägerin mit eingehender Begründung auch in der Sache entgegen tritt, rügt bereits die Unzuständigkeit des Landgerichts Köln. Sie führt aus, zwar habe für sie die Pflicht bestanden, die Glasfasern auf ihre Kosten und unter Übernahme des Verlustrisikos der Klägerin zuzusenden; damit sei aber keine Vereinbarung eines Erfüllungsorts verbunden. Die INCOTERM-Klausel DDP beinhalte nur eine Kosten- und Gefahrtragungsregel, nicht aber eine Bestimmung des Leistungsorts und lasse daher den Erfüllungsort unberührt. Keinesfalls gehe der Rechtsbindungswille der Vertragsparteien bei Vereinbarung der Klausel dahin, dass damit auch eine Gerichtsstandvereinbarung herbeigeführt werden solle; denn dies würde die Grundentscheidung des Art. 31 CISG unterlaufen, dass der Niederlassungsort des Verkäufers als Ort der geschuldeten Leistungshandlung anzusehen ist, weshalb dort auch der Gerichtsstand für die Inanspruchnah...

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