Leitsatz (amtlich)

1.) Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes sind nicht miteinander "verheiratet". Sie stehen derzeit in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes weder hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung noch bezüglich der Rentenberechnung Ehegatten gleich.

2.) Weder § 38 Abs. 1 VBLS n.F. noch § 46 SGB VI (in der bis zum 31.12.2004 gültigen Fassung) verstoßen insofern, als sie den hinterbliebenen Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht als Rentenberechtigten vorsehen, gegen das Grundgesetz.

3.) Die Satzung der VBL verstößt nicht dadurch gegen Artikel 3 Grundgesetz, dass nach ihr die Errechnung des fiktiven Netto-Arbeitsentgeltes bei Lebenspartnern unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse I/0 zu erfolgen hat.

4.) Die eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft kann anders als die Ehe nicht auf ein eigenes Kind angelegt sein und führt mithin regelmäßig auch nicht zur Elternverantwortlichkeit und leistet daher typischerweise auch keinen Beitrag für die demographische Zukunftsfähigkeit von Staat und Gesellschaft.

5.) Die VBL ist nicht Normadressat des § 75 BetrVG. Diese gesetzliche Bestimmung fordert lediglich eine Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit faktischen ungleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, nicht jedoch mit der Ehe.

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 29.08.2011; Aktenzeichen 1 BvR 280/09)

BGH (Teilurteil vom 07.07.2010; Aktenzeichen IV ZR 267/04)

BVerfG (Beschluss vom 07.07.2009; Aktenzeichen 1 BvR 1164/07)

OLG Karlsruhe (Urteil vom 21.10.2004; Aktenzeichen 12 U 195/04)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Der im öffentlichen Dienst beschäftigte Kläger wendet sich mit seiner Klage nach Umstellung der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst von einem Gesamtversorgungssystem auf ein Punktesystem gegen die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehen bei der Berechnung der ihm von der beklagten Zusatzversorgungseinrichtung erteilten Startgutschrift und bei der Hinterbliebenenversorgung.

Der Kläger ist am ... 1954 geboren. Bis zum 31.12.2001 hat er als Beschäftigter im öffentlichen Dienst 295 Umlagemonate bei der Beklagten zurückgelegt (AH 9). Am 13.08.2001 ist der Kläger mit Herrn LP eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen.

Die Beklagte hat mit Mitteilung vom 19.03.2003 die Rentenanwartschaft des Klägers zum 31.12.2001 auf EUR 196,76 errechnet und ihm dementsprechend eine Startgutschrift von 49,19 Versorgungspunkten erteilt (AH 1). Die Mitteilung über die Startgutschrift beruht auf der Neufassung der Satzung der Beklagten zum 01.Januar 2001 (im Folgenden: VBLS n.F.). Bei der Berechnung des sog. fiktiven Nettoarbeitsentgelts legte die Beklagte die Lohnsteuerklasse I/0 zugrunde (AH 11). In einer Mitteilung vom 14.04.2003 beharrte die Beklagte auf dieser Berechnungsmethode und stellte klar, dass sie dem Lebenspartner des Klägers im Falle des Vorversterbens des Klägers keine Hinterbliebenenrente zahlen werde (AH 21-23).

Auf Verlangen des Gerichts (AS 47) hat die Beklagte eine Fiktivberechnung vorgelegt, die den Vergleich mit den Beträgen ermöglicht, die sich bei Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse III/0 ergeben würde (vgl. AS 53, AH 49-55). Die Startgutschrift würde dann EUR 271,24 betragen und wäre damit um EUR 74,48 höher.

Der Rechtsstreit berührt auch Fragen der Umstellung der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst von der sogenannten Gesamtversorgung auf ein Punktesystem. Allerdings wendet sich der Kläger mit dieser Klage nicht auch gegen die mit dem Systemwechsel verbundenen Rechtsfragen, die Lebenspartner und Ehegatten gleichermaßen betreffen (vgl. AS 35), vielmehr beanstandete er diese Fragen bisher nur außergerichtlich. Zum besseren Verständnis der an sich zwischen den Parteien unstreitigen Vorgänge sollen zunächst einige zentrale Punkte des alten und des neuen Satzungsrechts der Beklagten sowie des Überleitungsrechts angesprochen werden:

Am 13.11.2001 haben die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Altersvorsorgeplan 2001 die Ablösung des bisherigen Gesamtversorgungssystems durch ein Punktemodell beschlossen. Am 01.03.2002 ist zwischen den Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes der Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag-Altersversorgung - ATV) zustande gekommen. Mit Beschluss des Verwaltungsrates der Beklagten vom 19.09.2002 wurde die Neufassung der Satzung der Beklagten mit dem Übergang vom Gesamtversorgungssystem auf das Punktemodell beschlossen. Dabei wurden vielfach Formulierungen des ATV vom 01.03.2002 wortgleich übernommen. Die Neufassung der Satzung ...

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