Verfahrensgang

AG Ettlingen (Urteil vom 23.04.2010; Aktenzeichen 4 C 17/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.09.2012; Aktenzeichen V ZR 251/11)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Ettlingen vom 23.04.2010 – Az. 4 C 17/09 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft … in …. Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung die Ungültigerklärung bzw. Anfechtung zweier Beschlüsse der Eigentümerversammlungen vom 29.04.2009 und 06.11.2009 weiter.

In der Versammlung vom 29.04.2009 beschloss die Wohnungseigentümergemeinschaft unter TOP 2 die Gesamtsanierung der Wohnanlage gemäß der Planung der Arbeitsgruppe Energie und Betriebswirtschaft.

Hinsichtlich der Finanzierung der Gesamtsanierung enthielt der Beschluss die folgende Regelung:

„Die Finanzierung der Gesamtsanierung, die sich über einen Gesamtaufwand von 550.000,00 EUR beläuft, erfolgt über staatliche Zuschüsse und zinsbegünstigte Kfw-Darlehen, aufzunehmen über die …, wobei die Zinsbindung auf 10 Jahre festgelegt ist und die Laufzeit 20 Jahre beträgt. Die Kosten für die Bedienung des Darlehens werden regelmäßig in den Wirtschaftsplan eingestellt und somit in monatlichen Teilbeträgen gemäß den vorliegenden Einzelauswertungen, die jeder Eigentümer erhalten hat, getragen.”

Diesem Beschluss stimmten 14 der 17 Wohnungseigentümer bei einer Enthaltung und einer Gegenstimme zu. Der Beschluss wurde nicht angefochten. Der Kläger teilte der Hausverwaltung mit, an der beschlossenen Finanzierung nicht mitwirken zu wollen, weil er beabsichtige, die Finanzierungssumme, die auf seinen Wohnungseigentumsanteil entfalle, aus eigenen Mitteln aufzubringen. Er stellte daher den Antrag, ihn von jeglicher Haftung, die sich aus der Finanzierung dieser Maßnahme ergebe, freizustellen. Dieser Antrag des Klägers wurde mit Beschluss unter TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 06.11.2009 mehrheitlich abgelehnt.

Das Amtsgericht hat die mit Schriftsatz vom 25.11.2009 erhobene Klage mit Urteil vom 23.04.2010 abgewiesen. Der unangefochten gebliebene Finanzierungsbeschluss sei nicht nichtig, die Ablehnung der Haftungsfreistellung des Klägers liege im Gesamtinteresse der Wohnungseigentümergemeinschaft und entspreche daher ordnungsgemäßer Verwaltung.

Der Kläger hat gegen das ihm am 03.05.2010 zugestellte Urteil am 20.05.2010 Berufung eingelegt. Er trägt vor, der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 29.04.2009 unter TOP 2 sei nichtig. Die Mehrheit der Miteigentümer habe ihn nicht zu einer von ihm nicht gewünschten Kreditaufnahme und damit zu einer gesamtschuldnerischen Haftung zwingen dürfen, obwohl er bereit gewesen sei, den auf ihn entfallenden Anteil der Sanierungskosten direkt zu zahlen. Die Neufassung des § 22 Abs. 2 WEG habe keine Konsequenzen für Kreditaufnahmen durch die Gemeinschaft. Eine Darlehensaufnahme durch die Gemeinschaft könne nur einstimmig beschlossen werden. An einer einstimmigen Entscheidung fehle es vorliegend. Der Beschluss vom 06.11.2009 entspreche daher nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Er habe einen Anspruch darauf, aus dem Haftungsverband entlassen zu werden. Durch die jahrzehntelange Belastung mit Krediten werde seine Wohnung praktisch unverkäuflich.

Der Kläger hat den Antrag verlesen:

  1. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 29.04.2009 zu dem Beschlusspunkt TOP 2 „Beschluss über die Gesamtsanierung der Wohnanlage einschließlich deren Finanzierung” wird für nichtig erklärt.
  2. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 06.11.2009 zu dem Beschlusspunkt TOP 3 betreffend Haftungsfreistellung des Klägers für die Kreditaufnahme der Gesamtsanierung der Eigentümergemeinschaft wird für ungültig erklärt.

Die Beklagten haben beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie treten der Berufung entgegen und weisen darauf hin, dass sich durch eine zinsbringende Anlage des Eigenkapitals in der Regel die bei dem sehr niedrig zu verzinsenden KfW-Darlehen anfallenden Zinsen kompensieren lassen sollten.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung ist zulässig, aber in der Sache erfolglos. Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht und aus zutreffenden Gründen abgewiesen.

1. Der unter TOP 2 in der Eigentümerversammlung vom 29.04.2009 gefasste Beschluss ist nicht nichtig. Er ist zunächst bestandskräftig geworden, weil der Kläger den Beschluss nicht innerhalb der materiellen Ausschlussfrist des § 46 Abs. 1 WEG angefochten hat. Der Kläger kann nicht verlangen, dass die Ausführung des bestandskräftigen Beschlusses unterbleibt (Bärmann/Merle, WEG, 11. Aufl., § 21 Rn. 54).

Nichtigkeitsgründe liegen nicht vor. Die Entscheidung über eine Kreditaufnahme fällt in die Kompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft (Elzer, NZM 2009, 57 (61) m.w.N.; Bärmann/Me...

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