Verfahrensgang

AG Waldshut-Tiengen (Aktenzeichen 4 C 8/16 WEG)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 30.06.2016, Az. 4 C 8/16 WEG, im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:

  1. Die Beklagten werden verurteilt, ihre am 25.10.2015 erteilte Zustimmung zur Veräußerung des Miteigentumsanteils der Kläger am Flurstück …, Gebäude- und Freifläche, … mit 924 m² verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 3 bezeichneten Wohnung nebst Keller Nr. 3 und Garage Nr. 3 an … in der Form des § 29 GBO abzugeben.
  2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Klägern den Schaden zu erstatten, der aus der Weigerung entsteht, die in Ziffer 1 bezeichnete Pflicht zu erfüllen.
  3. Die Beklagten werden verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.133,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.12.2015 zu bezahlen.
  4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 19.500,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

(abgekürzt nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO)

A. Den Klägern steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Abgabe der bereits erteilten Zustimmung in der Form des § 29 GBO zu.

I. Die Zustimmung bedarf wegen § 29 GBO der öffentlichen Beglaubigung. Die Kosten der Zustimmungserteilung sind grundsätzlich vor der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zu tragen (vgl. BeckOK BGB/Hügel, 41. Ed. 1.11.2016, WEG § 12 Rn. 9). Die Veräußerung kann – wie hier (dazu OLG Hamm, WuM 2015, 691) – von einem Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer abhängig gemacht werden (vgl. BeckOK BGB/Hügel, 41. Ed. 1.11.2016, WEG § 12 Rn. 7). Wird dieser Beschluss im schriftlichen Verfahren nach § 23 Abs. 3 WEG gefasst, bedarf es zur Führung des Nachweises hierüber in der Form des § 29 Abs. 1 GBO der Vorlage aller Zustimmungserklärungen in beglaubigter Form (vgl. BayObLG NJW-RR 1986, 565 OLG Zweibrücken, MDR 1987, 326 BeckOK GBO/Otto, 28. Ed. 1.11.2016, GBO § 29 Rn. 127).

Nachdem die Beklagten hier bereits ihre Zustimmung als Bestandteil des Beschlusses im Umlaufverfahren erteilt haben und ein Beschlussergebnis wirksam verkündet wurde, folgt als Nebenpflicht aus dem Gemeinschaftsverhältnis die Erteilung der Zustimmung in beglaubigter Form (vgl. LG Frankfurt a.M., ZMR 1989, 270 = juris Rn. 11; OLG Karlsruhe, Justiz 1985, 140; Lafontaine in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a. jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 12 WEG Rn. 71 m.w.N. Grziwotz in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 12 WEG Rn. 32;).

II. Ein Beschluss wurde wirksam gefasst. Auf Formfehler bei der Erklärung ihrer Zustimmung können sich die Beklagten nicht berufen.

1. Das Umlaufverfahren wurde in zulässiger Weise vom Prozessbevollmächtigten der Kläger initiert (dazu Schultzky in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 23 WEG Rn. 129 m.w.N.). Sofern die Kläger hierzu eine andere Rechtsauffassung vertreten, ist dies unerheblich. Gleiches gilt für den Fall, dass sie mit ihrem Vortrag zum Ausdruck bringen wollen, dass ihr Bevollmächtigter in ihrem Namen gehandelt habe.

2. Eine an den Initiator des Umlaufverfahrens gerichtete Zustimmung liegt vor.

  1. Die Zustimmung auch der Beklagten liegt vor in Form der E-Mail vom 24.10.2015 (Anlage K 3) mit der eingescannten Anlage (im Original unterschriebene Zustimmung) vor.
  2. Die Zustimmung ist – wie erforderlich – dem Initiator des Umlaufverfahrens gegenüber erklärt worden (vgl. dazu Schultzky in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 23 WEG Rn. 131 a; H. Grziwotz in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 23 WEG Rn. 4; Reichel-Scherer in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 23 WEG Rn. 131).

3. Die Verkündung und Feststellung des Beschlussergebnisses durch den Initiator des Verfahrens nach § 23 Abs. 3 WEG fand statt.

a) Wegen der auch hier zu beachtenden konstitutiven Wirkung kommt im schriftlichen Verfahren (§ 23 Abs. 3 WEG) ein Beschluss erst mit der Feststellung und einer an alle Wohnungseigentümer gerichteten Mitteilung des Beschlussergebnisses zustande. Da es nur um eine entsprechende Anwendung der Regeln zur Beschlussfeststellung und -bekanntgabe in der Wohnungseigentümerversammlung gehen kann, ist dies nicht im Sinne des Zugangs der Mitteilung bei jedem einzelnen Eigentümer zu verstehen. Es genügt jede Form der Unterrichtung (etwa durch einen Aushang oder ein Rundschreiben), die den internen Geschäftsbereich des Feststellenden verlassen hat, und bei der den gewöhnlichen Umständen nach mit einer Kenntnisnahme durch die Wohnungseigentümer gerechnet werden kann. Bereits zu dem Zeitpunkt, in dem diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist ein Beschluss im schriftlichen Verfahren existent geworden (BGH, Beschluss vom 23. August 2001 – V ZB 10/01 –, BGHZ 148, 335 = juris Rn. 28). Dies ist Sa...

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