Verfahrensgang

AG Oldenburg i.H. (Urteil vom 23.08.2013; Aktenzeichen 16 C 32/13)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 23.08.2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Oldenburg (Az. 16 C 32/13) unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert.

Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, die folgenden Dateien, die sich im „EDV-Ordner” befinden, an die Verwalterin der Verfügungsklägerin … herauszugeben:

  • „Jahresabschlussordner mit Heizkostenverteilung”
  • „Warm- und Kaltwasserverteilung”
  • „Eigentümer-Akte” mit Informationen zu jeweils durchgeführten Reparaturen

Im Übrigen wird der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Wegen des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Darstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Nachdem das Amtsgericht die Verfügungsbeklagte antragsgemäß zur Herausgabe der Dateien im früher von dieser angelegten „EDV-Ordner” verurteilt hat, hat diese nach Androhung von Vollstreckungsmaßnahmen einen Datenträger mit den streitgegenständlichen Dateien an die Verfügungsklägerin herausgegeben. Die Verfügungsklägerin hat daraufhin den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Verfügungsbeklagte hat sich dieser Erledigungserklärung nicht angeschlossen und beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Oldenburg vom 23.08.2013 aufzuheben und

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Nach Hinweis der Kammer hat die Verfügungsklägerin von der zunächst erfolgten Erledigungserklärung Abstand genommen und beantragt nunmehr,

die Berufung zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung der Verfügungsbeklagten hat zum Teil Erfolg.

1.

Eine Erledigung in der Hauptsache ist nicht eingetreten, obwohl die Verfügungsbeklagte die streitgegenständlichen Dateien an die Verfügungsklägerin herausgegeben hat. Denn nach allgemeiner Ansicht liegt ein erledigendes Ereignis nicht vor, wenn eine Erfüllung zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgt (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Auflage, § 91 a Rn. 5 m.w.N.). In einem solchen Fall ist trotz des Umstands, dass die begehrte Leistung erbracht wurde, der ursprüngliche Antrag weiter zu verfolgen. Dies hat die Verfügungsklägerin auch getan, indem sie in der mündlichen Verhandlung nach Hinweis von der ursprünglich erfolgten Erledigungserklärung Abstand genommen und die Zurückweisung der Berufung beantragt hat.

2.

In der Sache erweist sich das Begehren der Verfügungsklägerin auf Herausgabe von Dateien aus dem „EDV-Ordner” nur zum Teil als berechtigt. Es liegen zwar die Voraussetzungen eines entsprechenden Verfügungsanspruchs vor (hierzu unter II. 2. a)). Allerdings ist nur in Bezug auf einen Teil der streitgegenständlichen Dateien ein Verfügungsgrund glaubhaft gemacht worden (dazu unter II. 2. b)), und im Hinblick auf diese Dateien greift das grundsätzlich im einstweiligen Rechtsschutz geltende Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsache nicht ein (dazu II. 2. c)).

a) Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte als frühere WEG-Verwalterin einen Anspruch auf Herausgabe der streitgegenständlichen Dateien aus dem sog. „EDV-Ordner”. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 2 Abs. 3 des die Parteien vormals verbindenden Verwaltervertrages, wonach die Verfügungsbeklagte verpflichtet ist, alle sich auf das Wohnungseigentum beziehenden Unterlagen bei Beendigung des Verwaltervertrages herauszugeben. Gleichermaßen ergibt sich ein solcher Anspruch auch aus § 667 BGB. Nach dieser Vorschrift ist ein Beauftragter verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, herauszugeben. Hierzu zählen nach allgemeiner Ansicht auch die Unterlagen, die ein WEG-Verwalter im Zuge seiner Tätigkeit angelegt bzw. erhalten hat (vgl. BayObLG, NZM 2001, 469; Palandt/Sprau, BGB, 73. Auflage, § 667 Rn. 3). Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass sich die sowohl aus § 2 des Verwaltervertrags wie auch aus § 667 BGB ergebende Herausgabepflicht nicht nur auf die im Zuge der Verwaltertätigkeit von der Verfügungsbeklagten in Papierform erhaltenen und angelegten Unterlagen bezieht, sondern auch auf die im Zuge der Verwaltertätigkeit in EDV-Form angelegten Dateien.

Die Verfügungsbeklagte wendet insoweit ein, die betreffenden Dateien habe sie nicht aus der Verwaltertätigkeit erlangt, sondern diese Dateien seien im Zuge dieser Tätigkeit von ihr selbst erstellt bzw. fortgeführt worden. Insofern handele es sich hierbei nicht um aus der Verwaltertätigkeit erlangte Unterlagen, sondern vielmehr um Hilfsmittel, die sie zur Erleichterung ihrer Verwaltertätigkeit erstellt habe. Derartige reine Arbeitsmittel fielen aber nicht unter einer Herausgabepflicht nach § 2 des Verwaltervertrags bzw. § 667 BGB. Dies ist nicht zutreffend. Nach...

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