Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.06.2009; Aktenzeichen Xa ZR 99/06)

OLG Celle (Urteil vom 27.07.2006; Aktenzeichen 11 U 263/05)

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 136.649,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz auf 6.164,70 EUR seit dem 27.10.2004 und auf 130.484,97 EUR seit dem 8.4.2005 zu zahlen.

Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren Zukunftsschäden aus dem Busunfall ihrer Mitglieder ... am 24.3.2004 in ... zu erstatten.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine gesetzliche Krankenkasse, nimmt aus übergegangenem Recht ihrer Versicherten die Beklagte auf Schadensersatz und auf Feststellung in Anspruch.

Die bei der Klägerin versicherten Eheleute ... buchten bei der Beklagten eine Reise nach Mexiko für die Zeit vom 18.3. bis 2.4.2004; in der Zeit vom 19. bis 26.3.2004 sollte eine ... Rundreise stattfinden. Während der Rundreise wurden die Eheleute ... am 24.3.2004 (Datum gemäß Unterlagen der Beklagten) bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt, als der Bus von der Fahrbahn abkam. Sie wurden mittels eines von der Beklagten organisierten Rettungsfluges nach Deutschland ausgeflogen und befanden sich seit dem 28.3.2004 für längere Zeit in stationärer bzw. ambulanter Heilbehandlung.

Die Aufwendungen der Klägerin - die in diesem Rechtsstreit geltend gemacht werden - betragen gemäß Rechnungen vom 8.9.2004 bzw. aus Januar/Februar 2005 für den Zeitraum vom 28.3. bis 30.9.2004 unstreitig 136.649,67 EUR. Mit Schreiben vom 29.3.2004 teilte die Beklagte den Eheleuten ... mit, dass sie den Reisepreis um 100 % mindere und übersandte einen entsprechenden Scheck (Bl. 46 fd.A.). Mit Schreiben vom 7.4.2004 wandte sich die Beklagte erneut an die Eheleute ... und bat um Mitteilung noch nicht ausgeglichener materieller Schäden (Bl. 48 d.A.). In der Folgezeit zahlte die Beklagte an die Eheleute ... Schmerzensgeld und leistete Zahlungen auf den Haushaltsführungsschaden.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass es einer ausdrücklichen Anmeldung der auf sie übergegangenen Ansprüche gegen die Beklagte nicht bedurft hätte, weil der Beklagten allein aufgrund des ihr bekannten Unfallereignisses mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen einschließlich Heilbehandlungskosten habe rechnen müssen. Angesichts der Schreiben der Beklagten vom 29.3. und 7.4.2004 sei nicht ersichtlich, welche Erkenntnisse die Beklagte durch eine Anmeldung der übergegangenen Ansprüche durch die Klägerin selbst hätte gewinnen können.

Im Übrigen hafte die Beklagte aus Delikt, und zwar gemäß §831 BGB bzw. wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Der Fahrer des Busses sei während der Fahrt eingeschlafen. Er sei erst durch lautes Rufen wieder aufgewacht, habe sodann das Lenkrad verrissen, so dass der Bus ins Schleudern geraten und anschließend in eine Schlucht gestürzt sei. Das Einschlafen deute darauf hin, dass ein übermüdeter Fahrer zum Einsatz gekommen sei. Zu den Sorgfaltspflichten eines Reiseveranstalters gehöre auch die Überprüfung, ob ein Busfahrer überhaupt in der Lage sei, den übernommenen Auftrag auszuführen.

Die Klägerin beantragt,

  • 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an sie 136.649,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.10.2004 zu zahlen;

  • 2.

    festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin sämtliche weiteren Zukunftsschäden aus dem Busunfall ihrer Mitglieder ... und ... vom 26.3.2004 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, mit der Durchsetzung reisevertraglicher Ansprüche sei die Klägerin wegen Überschreitung der Ausschlussfrist des §651 g Abs. 1 BGB präkludiert. Sinn und Zweck der Ausschlussfrist sei nicht nur die alsbaldige Prüfung der Berechtigung von Mängelrügen, sondern auch die Durchsetzung von Regressansprüchen gegenüber den eigenen Leistungsträgern, was nach längerem Zeitablauf erfahrungsgemäß schwierig sei.

Sie, die Beklagte, hafte aber auch nicht aus unerlaubter Handlung. Das von ihr beauftragte Busunternehmen in ... und dessen Fahrer seien nicht ihre Verrichtungsgehilfen. Beim Überholen von zwei Lkws sei der erste Lkw plötzlich ausgeschert. Um eine Kollision zu vermeiden, habe der Busfahrer gebremst und den Bus weiter nach links gesteuert. Das Fahrzeug sei dabei auf die linksseitige Fahrbahn - Bankette - geraten. Der Fahrer habe die Herrschaft über das Fahrzeug verloren. Nun habe der Bus beide Fahrstreifen nach rechts gekreuzt, die rechtsseitige Fahrbahn - Bankette - passiert und sich dann überschlagen. Bei dem Fahrzeug habe es sich um einen modernen Reisebus gehandelt. Das Busunternehmen bestehe seit mehr als 25 Jahren. Der Fahrer sei dort seit 18 Jahren beschäftigt und unfallfrei gefahren. Dem Reiseleiter, der den Busfahrer seit Jahren als beson...

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