Leitsatz (amtlich)

Enthält ein Verwaltervertrag zahlreiche unwirksame Klauseln, die wesentliche Teile des Vertrages betreffen, ist der Beschluss über den Vertragsschluss insgesamt für ungültig zu erklären. Dies führt auch zur Ungültigerklärung des auf der gleichen Versammlung gefassten Beschlusses über die Verwalterbestellung. Zur Kontrolle von Vertragsbestimmungen in einem Verwaltervertrag.

 

Verfahrensgang

AG Bensheim (Urteil vom 03.03.2016)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 05.07.2019; Aktenzeichen V ZR 278/17)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bensheim vom 03. März 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil – und das angefochtene Urteil – sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 5.000 EUR

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten um Beschlüsse, mit denen auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 11.09.2015 die Verwalterin bestellt worden ist (TOP 2) und (TOP 3) drei Eigentümer bevollmächtigt worden sind, den Verwaltervertrag abzuschließen.

Die Klägerin wendet sich unter anderem gegen verschiedene Klauseln des Verwaltervertrages.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Der Beschluss zu TOP 3 entsprach bereits deshalb nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil der Verwaltervertrag eine Reihe schwerwiegender – die Wohnungseigentümer benachteiligende – Mängel enthält, so dass die Bevollmächtigung der in dem Beschluss genannten Wohnungseigentümer zum Abschluss des Vertrages nicht nur teilweise sondern insgesamt nicht mehr ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Dies hat nach § 139 BGB ebenfalls die Ungültigkeit der Verwalterbestellung zu TOP 2 zur Folge. Auf die von der Klägerin angeführten – und vom Amtsgericht berücksichtigten – Einwände gegen den Bestellungsbeschluss kam es daher nicht an.

1. Zu Recht wendet sich die Klägerin gegen eine Reihe von Klauseln, die der Verwaltervertrag enthält, der Gegenstand von TOP 3 der Beschlussfassung war, dies führt vorliegend bereits zur Unwirksamkeit des gesamten Beschlusses zu TOP 3.

Insoweit ist voranzustellen, dass ein Verwaltervertrag nach allgemeinen Grundsätzen der Vertragskontrolle der §§ 305 ff. BGB unterliegt (statt aller Merle/Becker, Bärmann WEG § 26 Rn. 182). Es sind, da die Gemeinschaft der Eigentümer Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB ist – ihr gehören unstreitig Verbraucher an (BGH NJW 2015, 3228) – und die Verwalterin vorliegend als Gesellschaft Unternehmerin im Sinne des § 14 BGB ist, die Erleichterungen des § 310 Abs. 3 BGB anzuwenden. Daher handelt es sich hier auch um AGB, da unstreitig der vorformulierte Vertrag seitens der Verwalterin gestellt wurde. Die Vertragsklausel unterliegen daher der Kontrolle anhand der §§ 307 ff. BGB.

Allerdings ist für die hier relevante Frage, ob die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer, die den Verwaltervertrag zum Gegenstand hat, alleine die Frage entscheidungsrelevant, ob die die Beschlussfassung zur Genehmigung des Verwaltervertrages bzw. der Bevollmächtigung von Eigentümern zum Abschluss eines Verwaltervertrages ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (§ 21 Abs. 3 WEG). Dies ist im Regelfall nach einhelliger Ansicht jedenfalls insoweit nicht der Fall, als der Verwaltervertrag einer Kontrolle nach § 307 ff. BGB nicht standhält (vgl. nur BayObLG WuM 1991, 312; Riecke/Schmid/Abramenko § 26 Rn. 41b; Bärmann/Merle/Becker § 26 Rn. 182; jew. mwN), allerdings kann der Beschluss auch aus anderen Gründen – etwa überhöhten (Sonder-)Vergütungen (dazu ausf. Riecke/Schmid/Abramenko § 26 Rn. 64) – den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen.

a) Unter Anlegung dieser Maßstäbe sind – worauf die Klägerin zu Recht abstellt – zahlreiche Klauseln des Vertrages zu beanstanden:

aa) Die Vertragsklausel in § 2 des Verwaltervertrages, welche die Verwalterin von der Beschränkung nach § 181 BGB befreit, ist nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Die Kammer folgt der insoweit überwiegend vertretenen Ansicht, dass die Regelung lediglich dem Interesse der Verwalterin dient und die gegenteiligen Interessen der Eigentümer nicht beachtet oder kompensiert werden (OLG Düsseldorf NZM 2006, 936; OLG München ZMR 2009, 64; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. Dezember 2007 – 11 Wx 40/06 –; Jennißen § 26 Rn. 94a; Hügel/Elzer § 26 Rn. 155; Riecke/Schmid/Abramenko § 26 Rn. 49a).

bb) Weiter ist auch die Regelung § 2.6 des Verwaltervertrages (…) insoweit unwirksam, als dem Verwalter nach Ziffer g) erlaubt wird, bis zu einem geschätzten Aufwand von 2.000,00 EUR Sonderfachleute zu beauftragen. Auch hierbei handelt es sich um eine unangemessene Benachteiligung der Wohnungseigentümer (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt nach § 21 Abs. 1 WEG den Eigentümern. Sie sollen nach dieser gesetzlichen Wertung die wesentlichen Entscheidungen, insbesondere auch in wirtschaftlichen Angelegenheiten, bestimmen und hat diese selbst vorzunehmen.

Eine Kompetenzverlagerung auf den Verwalter ist insofern zu...

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