Verfahrensgang

AG Wiesbaden (Urteil vom 30.12.2015; Aktenzeichen 92 C 1123/14 (81))

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 30.12.2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 13.549,16 EUR

 

Tatbestand

I.

Von der Wiedergabe der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben, so dass zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die amtsgerichtliche Entscheidung Bezug genommen werden kann. Gegen die Beurteilung des Amtsgerichts wendet sich die Berufung ohne Erfolg.

1. Zu Recht ist das Amtsgericht zunächst zu der Einschätzung gelangt, dass die Nichtanwendung von § 49 Abs. 2 WEG in dem Kostenbeschluss im Vorprozess auf das Bestehen von Schadensersatzansprüchen der Kläger gegen die Beklagte ohne Belang ist. Soweit die Berufung hierzu unter Hinweis auf eine Entscheidung des LG Berlin (NJW 2009, 2544) eine andere Ansicht vertritt, so ist dieser Ansicht bereits im Jahre 2010 der Bundesgerichtshof entgegengetreten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes führt die Möglichkeit, einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegen den Verwalter in die prozessuale Kostenentscheidung einzubeziehen, nicht dazu, dass dieser Anspruch dem Wohnungseigentümer endgültig aberkannt wird, wenn das Gericht von der Anwendung des § 49 Abs. 2 WEG absieht, weil es dessen Voraussetzungen nicht für gegeben erachtet. Denn die Entscheidung, dem Verwalter gemäß § 49 Abs. 2 WEG die Kosten aufzuerlegen oder hiervon abzusehen, ist nicht der materiellen Rechtskraft fähig, da insoweit nicht über einen prozessualen Anspruch (§ 322 Abs. 1 ZPO) eine Entscheidung ergeht (BGH NZM 2010, 748). Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Kostenentscheidung im Vorprozess um eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO handelte, bei der angesichts des beschränkten Prüfungsumfang des Gerichts die Anwendung des § 49 Abs. 2 WEG ohnehin problematisch ist (vgl. dazu Kammer ZMR 2014, 473; BGH WuM 2016, 704).

2. Ebenfalls zu Recht ist das Amtsgericht auch zu der Beurteilung gelangt, dass der Anspruch nicht verjährt ist. Für Erstattungsansprüche für durch das Führen eines Prozesses verursachten Schaden entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass die Verjährung mit Erlass der nachteiligen gerichtlichen Entscheidung eintritt (vgl. BGH NJW 2002, 1414; 2000, 1263; NJW-RR 1998, 742).

Entgegen der Ansicht der Berufung, ist der Schaden noch nicht zu dem Zeitpunkt entstanden, als die hiesigen Kläger im Vorprozess Beklagte der dortigen Anfechtungsklage geworden sind. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes entsteht ein Schaden (§ 199 Abs. 1 BGB) zu dem Zeitpunkt, sobald sich die Vermögenslage des Geschädigten durch die Pflichtverletzung objektiv verschlechtert. Dies ist noch nicht der Fall, solange nur das Risiko eines Vermögensnachteils besteht, also bei der gebotenen wertenden Betrachtung allenfalls eine Vermögensgefährdung vorliegt. Demzufolge genügt für das Entstehen eines Schadens noch nicht die Rechtshängigkeit einer Klage, dies stellt lediglich eine Vermögensgefährdung dar. Ein Schadenseintritt ist erst mit der ersten nachteiligen gerichtlichen Entscheidung gegeben (vgl. nur BGH NJW 2000, 1263; OLG Zweibrücken NJW-RR 2004, 27; OLG Rostock BeckRS 2008, 24755).

Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist – wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat – der Schaden daher frühestens mit der Kostenentscheidung im Vorprozess am 25.01.2012 entstanden, so dass die Verjährung rechtzeitig durch die Klageerhebung im März 2014 gehemmt wurde (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

3. Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Berufung gegen die Beurteilung des Amtsgerichts, dass den Klägern die geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zustehen. Soweit sich die Berufung gegen die Beweiswürdigung des Amtsgerichts wendet, so bleibt dies ohne Erfolg.

Nach § 529 Abs.1 Nr.1 Halbs.2 ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (BGHZ 158, 269 m.w.N.). Ein solcher Verfahrensfehler liegt dann vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs....

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