Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlungsverbot der BaFin führt zu vorübergehender Unmöglichkeit der Leistung und nicht zur Stundung

 

Normenkette

BGB §§ 275, 280, 286, 288, 488, 700; GKWG §§ 46-47

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.03.2013; Aktenzeichen XI ZR 227/12)

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.04.2012; Aktenzeichen 9 U 98/11)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der C AG in Frankfurt/M. (im Folgenden: Gemeinschuldnerin) die Anmeldung von Verzugszinsforderungen zur Insolvenztabelle.

Die Klägerin legte bei der Gemeinschuldnerin folgende Festgelder an:

  • 1.

    Termingeldanlage v. 16.5.2008 5 Mio EUR Zinssatz 5,008% Fälligkeitstag 15.9.2008, vertragliche Zinsen bei Fälligkeit 84.857,78 EUR

  • 2.

    Termingeldanlage v. 16.5.2008 6 Mio EUR Zinssatz 5,028% Fälligkeitstag 25.9.2008, vertragliche Zinsen bei Fälligkeit 110.616 EUR

  • 3.

    Termingeldanlage v. 16.5.2008 6 Mio EUR Zinssatz 5,028% Fälligkeitstag 26.9.2008, vertragliche Zinsen bei Fälligkeit 108.940 EUR

  • 4.

    Termingeldanlage v. 2.6.2008 5 Mio EUR Zinssatz 4,998% Fälligkeitstag 26.9.2008, vertragliche Zinsen bei Fälligkeit 80.523,33 EUR

Die Gemeinschuldnerin zahlte die angelegten Beträge nebst Zinsen nicht zurück.

Am 15.9.2008 beantragte die D Holdings Inc. in den USA Gläubigerschutz nach Chapter 11 Bankruptcy Code. Durch Bescheid v. 15.9.2008 untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) der Gemeinschuldnerin mit sofortiger Wirkung "1. Zahlungen zu leisten, zum Vermögen des Instituts gehörende Gegenstände zu veräußern oder anderweitig über sie zu verfügen (§ 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG) sowie 2. Zahlungen entgegenzunehmen, die nicht zur Tilgung von Schulden dem Institut gegenüber bestimmt sind (§ 46a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KWG)." Gleichwohl wurde am 13.11.2008 über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Insolvenzverfahren wegen Überschuldung eröffnet.

Am 22.1.2009 meldete die Klägerin die Festgeldbeträge nebst vertraglich vereinbarter Zinsen i.H.v. insgesamt 22.384.987,11 EUR sowie Verzugszinsen i.H.v. 195.418,48 EUR für die Zeit ab Fälligkeit (15.9.2008, 25.9.2008 bzw. 26.9.2008) zur Insolvenztabelle an. In der Folgezeit wurde sie im Rahmen des gesetzlichen Systems der Einlagensicherung wegen des angelegten Kapitals und der Vertragszinsen entschädigt, sodass sie die Forderung mit Schreiben v. 6.4.2009 i.H.v. 22.348.937,11 EUR zurücknahm und nur die Forderung von Verzugszinsen i.H.v. 195.418,48 EUR aufrechterhielt.

Die Parteien streiten darüber, ob durch das Zahlungsverbot der BaFin der Verzug der Gemeinschuldnerin entfallen ist.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, gegen das Vermögen der Gemeinschuldnerin einen Anspruch auf Verzugszinsen gem. §§ 286, 288 BGB zu haben, da diese bei der kalendermäßig bestimmten Fälligkeit der Schuldverschreibungen unstreitig keine Zahlungen geleistet hat. Das durch die BaFin verhängte Zahlungsverbot führe nicht zu einer Stundung der Forderungen, sodass für die Dauer des Zahlungsverbotes Verzugszinsen anfielen, da die Gemeinschuldnerin die mangelnde Leistungsfähigkeit zu vertreten habe und damit die Voraussetzungen für den Verzug gem. § 286 BGB gegeben seien.

Das Zahlungsverbot entfalte keine Drittwirkung gegenüber den Gläubigern. Adressat des Zahlungsverbotes, eines Verwaltungsaktes, sei lediglich die Gemeinschuldnerin gewesen, nicht aber die Gläubiger, denen das Verbot nicht bekannt gegeben worden sei. Das Zahlungsverbot stelle auch keine Allgemeinverfügung dar. § 46 KWG enthalte anders als z.B. § 47 Abs. 3 KWG keine ausdrückliche Stundungsbestimmung und sehe auch nicht vor, dass entsprechende Bestimmungen über die Rechtsfolgen getroffen werden wie in § 47 Abs. 3 KWG.

Das Zahlungsverbot greife daher nicht in die Rechtsbeziehungen zwischen Gemeinschuldnerin und Gläubiger ein, sodass der Gläubiger gem. § 280 BGB Schadensersatz wegen verschuldeter Unmöglichkeit der Leistung verlangen könne. Dies müsse jedenfalls gelten, wenn wie im vorliegenden Fall die Sanierungsbemühungen gescheitert seien und Insolvenzverfahren über das Institut eröffnet werde.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Verzugszinsen, da die Voraussetzungen gem. § 286 BGB nicht gegeben seien. Das Zahlungsverbot habe unmittelbar privatrechtsgestaltende Wirkung und führe zu einer Stundung der Forderungen gegen das Kreditinstitut, sodass es mangels Fälligkeit der Leistung nicht in Verzug gerate. Hierfür spreche der Wille des Gesetzgebers, der in dem Bericht des Finanzausschusses des Bundestages zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen als auch in der Gesetzesbegründung der Bundesregierung zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz seinen Ausdruck gefunden habe, in dem dem Zahlungsverbot die Wirkung einer "Stundung" sämtlicher gegen die Bank gerichteter Forderungen beigemessen werde. Auch ein systematischer Vergleich mit der Parallelvorschrift § 89 Abs. 1 Satz 2 VAG im Versicherungsaufsichtsrecht lege die Stundungswirkung des Verbotes nahe. Dies sei durch das ...

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