Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.09.2014; Aktenzeichen X ZR 1/14)

 

Tenor

  • 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen,

    nachfolgende oder eine mit dieser inhaltsgleiche Bestimmung in Pauschalreiseverträgen mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen ab dem 01. April 1977, zu berufen:

    "Die aktuellen Flugzeiten entnehmen Sie Ihren Flugtickets".

  • 2.

    Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das unter 1. genannte Unterlassungsgebot ein vom Gericht festzusetzendes Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 250.000,-- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

  • 3.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200,00 € nebst Zin-sen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 zu zahlen.

  • 4.

    Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • 5.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgeho-ben.

  • 6.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,-- €.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Zahlung in Anspruch.

Der Kläger ist der bundesweit tätige Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer und weiterer 25 verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Im Rahmen seiner satzungsmäßigen Aufgaben verfolgt der Kläger unter anderem Verstöße gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und macht Ansprüche auf Unterlassung gemäß §§ 1 und 2 UKlaG geltend. Der Kläger ist in die beim Bundesjustizamt geführte Liste gemäß § 4 UKlaG eingetragen.

Die Beklagte bietet Reiseleistungen an und schließt mit Verbrauchern Pauschalreiseverträge ab. Dazu bedient sie sich auch des von ihr unterhaltenen Internetauftritts unter der Adresse www.1.de.

Zur Bestätigung eines mit einem Verbraucher geschlossenen Reisevertrages bediente sich die Beklagte des als "Anlage Antrag" vom Kläger vorgelegten Formulars. Darin hieß es unter anderem sowohl zum Hinflug als auch zum Rückflug: "Genaue Flugzeiten noch nicht bekannt!". In der Fußzeile des Formulars oberhalb der Kontoverbindungen fand sich folgende Bemerkung: "Die aktuellen Flugzeiten entnehmen Sie Ihren Flugtickets.". Diese Bemerkung verwendete die Beklagte auch dann, wenn in der Bestätigung Flugzeiten mitgeteilt wurden.

Der Kläger hat die Beklagte vorgerichtlich mit Schreiben vom 17.03.2011 (Anlage K2) erfolglos zur Unterlassung und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.

Mit der Klage begehrt der Kläger Unterlassung der im Klageantrag I. wiedergegebenen Handlungen sowie Zahlung von 200,00 € nebst Zinsen als Kosten der Abmahnung auf der Grundlage des durchschnittlichen Einsatzes von Personal- und Sachmitteln.

Der Kläger ist der Auffassung, das Fehlen der voraussichtlichen Zeit der Abreise und der Rückkehr in der Reisebestätigung verstoße gegen § 6 Abs. 2 Nr. 2 BGB-InfoV. Der Wortlaut der BGB-InfoV sei eindeutig und korrespondiere mit der Vorschrift des Art. 4 der Richtlinie 90/314 EWG vom 13.07.1990 (Pauschalreiserichtlinie). Eine für den Verbraucher verbindliche Erklärung solle nach dem Willen des Gesetzgebers erst dann erfolgen, wenn die Beklagte in der Lage sei, zumindest die grundlegenden Informationen zu erteilen. Ihr bleibe es unbenommen, für den Fall, dass die für den Abschluss notwendigen Informationen nicht gegeben werden können, eine Art vorläufige Reservierungsvereinbarung vorzusehen.

Darüber hinaus sei der Reiseveranstalter gemäß § 8 BGB-InfoV verpflichtet, rechtzeitig vor Beginn der Reise über Abfahrts- und Ankunftszeiten zu informieren. Dieser Verpflichtung entziehe die Beklagte sich, indem sie auf die Angaben in den Flugtickets verweise. Die Flugtickets würden ausgestellt von den Leistungsträgern, also den vertraglichen oder ausführenden Luftfrachtführern; ein solcher Verweis entspreche nicht dem Sinn und Zweck der Pflichtangaben nach der BGB-InfoV. Die vorformulierte Passage sei auch so zu werten, dass für die vertraglichen Beziehungen ausschließlich die Angabe im Ticket maßgeblich sein solle, selbst wenn der Reiseveranstalter abweichende Erklärungen in der Reisebestätigung oder im Rahmen der Informationen vor Reiseantritt erteilt habe. Damit bestehe ein Vorbehalt der Änderung der vertraglichen Absprachen, der bei kundenfeindlichster Auslegung einen Änderungsvorbehalt im Sinne des § 308 Nr. 4 BGB enthalte.

Die gerügten Verstöße gegen die Informationspflichten stellten Verstöße gegen Verbraucherschutzvorschriften im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 UKlaG, hilfsweise gegen § 1 UKlaG dar. Sie verstießen auch gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit den genannten Informationspflichten.

Der Kläger beantragt,

  • I.

    Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €' ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

    • 1.

      an Verbraucher Bestätigungen über den Abschluss eines Reisevertrages zu übermitteln, ohne die vorau...

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