Verfahrensgang

AG Bottrop (Urteil vom 22.04.2016; Aktenzeichen 20 C 58/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 22.04.2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bottrop (Az. 20 C 58/15) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die in der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.11.2015 der Wohnungseigentümergemeinschaft M-Str. in C unter TOP 1 gefassten Beschlüsse werden für ungültig erklärt.

Es wird festgestellt, dass der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.11.2015 der Wohnungseigentümergemeinschaft M-Str. in C unter TOP 2 gefasste Beschluss nichtig ist.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I.

(Von der Darstellung eines Tatbestandes wurde gem. § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen)

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

1.

Die Anfechtungsklage ist hinsichtlich der unter TOP 1 in der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.11.2015 gefassten Beschlüsse zulässig und begründet.

a)

Der Klage fehlt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Zwar handelt es sich bei den angefochtenen Beschlüssen rechtlich lediglich um deklaratorische Beschlüsse, da diese lediglich den Rechtszustand herbeiführen sollen, der ohnehin nach der Rechtslage bestehen würde. Denn bei der Umwandlung von der UG in einer GmbH handelt es sich – entgegen der den Beschlüssen zur TOP 1 zugrundeliegenden Motivationslage – nicht um eine Frage der Rechtsnachfolgerschaft. Insoweit liegt keine Umwandlung im Rechtssinne vor (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, 21. Aufl. 2017, GmbHG § 5a Rn. 32). Vielmehr wird die UG durch Erhöhung des Stammkapitals ispo iure zur „normalen” GmbH. Insoweit bleibt die Gesellschaft identisch. Denn die UG ist keine eigene Gesellschaftsform, sondern lediglich eine von der Geltung bestimmter GmbH-Vorschriften (vgl. § 5a GmbHG) befreite GmbH (vgl. Roth/Altmeppen/Roth, 8. Aufl. 2015, GmbHG § 5a Rn. 5).

Gleichwohl wird nach außen durch die Beschlüsse zumindest der Anschein einer Neubestellung der GmbH gesetzt, sodass aus Gründen der Rechtssicherheit auch insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis der Kläger zu bejahen ist.

b)

Die Klage ist auch begründet.

Die unter TOP 1 der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.11.2015 gefassten Beschlüsse entsprechen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.

aa)

Der Mangel der ursprünglichen Beschlussfassung über die Verwalterbestellung im Beschluss vom 15.04.2015, der von der Kammer mit Urteil vom 16.02.2016 (Az.: 1 S 386/15) rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, schlägt im Ergebnis auch auf diesen Beschluss durch.

(1)

Soweit dem vorliegenden Beschluss lediglich eine deklaratorische Funktion zugestanden wird, ergibt sich dies bereits aus dem fehlenden eigenen Regelungsgehalt. Insoweit schlägt die Ungültigkeitserklärung der Kammer aus dem vorgenannten Parallelverfahren durch, da mangels wirksamer Verwalterbestellung der UG ein Übergang der Verwalterstellung auf die GmbH nicht stattgefunden hat.

(2)

Ist hingegen in den angefochtenen Beschlüssen eine Abberufung der UG und eine Neubestellung der GmbH zu sehen, so haben die Wohnungseigentümer diese Entscheidung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen, was einer ordnungsmäßigen Verwaltung nicht entspricht.

Die Kammer verbleibt – auch unter Berücksichtigung der vom Amtsgericht im Rahmen der Entscheidungsgründe vorgebrachten Argumente – bei ihrer Rechtsprechung (vgl. Urt. v. 16.02.2016 – 1 S 386/15).

(a)

Die Kammer hat in der oben zitierten Entscheidung auf der Grundlage der Rechtsprechung des BGH festgehalten, dass die Wohnungseigentümer dem Grund nach gehalten sind, sich vor der Bestellung eines Verwalters Gewissheit darüber zu verschaffen, ob das als Verwalter in Aussicht genommene Unternehmen diesen inhaltlichen Anforderungen genügt. Hiermit hat die Kammer jedoch – entgegen des Verständnisses des Amtsgerichts – keine generelle Pflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft begründet, vor Bestellung eines Verwalters in allen Fällen zwingend Bonitätsnachweise einzuholen. Jedoch sind die Grenzen des den Wohnungseigentümern bei der Verwalterbestellung zustehenden Beurteilungsspielraums immer dann überschritten, wenn bei objektiver Betrachtung begründeter Anlass besteht, die Bonität des zu bestellenden Verwalters zu prüfen.

Soweit das Amtsgericht im vorliegenden Fall den Beurteilungsspielraum als nicht überschritten angesehen hat, da es die Rüge der fehlenden finanziellen Ausstattung als Behauptung ins Blaue bewertet hat, folgt die Kammer dieser Auffassung ausdrücklich nicht.

(b)

Einleitend weist die Kammer zunächst darauf hin, dass insoweit auf den Zeitpunkt des Bestellungsbeschlusses abzustellen ist. Soweit in diesem Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte für eine fehlende finanzielle Ausgestaltung vorlagen – etwa weil es sich um ein bekanntes, alteingesessenes Unternehmen handelte – wird ein Überschreiten des Beurteilungsspielraums nicht anzunehmen sein. Entscheidend ist aber in allen Fällen, dass sich die Wohnungseigentümer bewusst sind, dass die ausreichende finanzielle Ausstatt...

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