Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustandekommen eines wirksamen Kaufvertrages bei Abbruch einer Internetauktion

 

Normenkette

BGB § 433 Abs. 1 S. 1, §§ 138, 242

 

Verfahrensgang

AG Detmold (Entscheidung vom 24.08.2011; Aktenzeichen 8 C 287/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Detmold vom 24.08.2011 wird auf ihre Kosten nach einem Gegenstandswert von 2.000,-- € zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß den §§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 544 Abs. 1 S. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erfolgt, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht dem Kläger einen Anspruch auf Übereignung des Wohnwagens gemäß § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB zuerkannt.

1.

Die Beklagte hat ein bindendes Angebot gemäß § 145 BGB durch das Einstellen des streitgegenständlichen Wohnwagens auf der Internetplattform ebay abgegeben (BGH NJW 2002, 363). Demnach ist derjenige, der einem anderen die Schließung eines Vertrages anträgt, an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat. Bei der Auslegung der von der Beklagten abgegeben Willenserklärung können die maßgeblichen AGB von ebay (im Folgenden: ebay-AGB) herangezogen werden. Die ebay-AGB für die vorliegende Auktion enthalten in § 10 Abs. 1 folgende Regelungen:

"Stellt ein Anbieter auf der eBay-Website einen Artikel im Angebotsformat Auktion ein, gibt er ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrages über diesen Artikel ab. Dabei bestimmt der Anbieter einen Startpreis und eine Frist (Angebotsdauer), binnen derer das Angebot per Gebot angenommen werden kann. Der Bieter nimmt das Angebot durch Abgabe eines Gebots über die Bieten-Funktion an. Das Gebot erlischt, wenn ein anderer Bieter während der Angebotsdauer ein höheres Gebot abgibt. Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen ..."

Aufgrund dieser Bestimmung ist das Verkaufsangebot der Beklagten aus der Sicht der an der Auktion teilnehmenden Bieter (§§ 133, 157 BGB) dahin zu verstehen, dass es unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme steht (siehe hierzu BGH MMR 2011, 653).

Ob hier ein berechtigter Grund für die vorzeitige Beendigung der ebay-Auktion vorlag, kann im Ergebnis dahinstehen, da jedenfalls zum Zeitpunkt des Abbruchs der Auktion kein Grund vorlag. Denn unstreitig wurde die Auktion am 06.04.2011 beendet, wobei der Wohnwagen auch nach dem streitigen Vortrag der Beklagten erst am 07.04.2011 veräußert worden ist. Das Angebot der Beklagten hat der Kläger durch Abgabe des Höchstgebotes von 56,00 € angenommen.

2.

Das Rechtsgeschäft ist auch nicht etwa gemäß § 138 BGB nichtig. Für die Annahme der Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäftes reicht nämlich allein das Bestehen eines besonders krassen Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung nicht aus. Hinzu treten müssen weitere sittenwidrige Umstände, wie etwa eine verwerfliche Gesinnung auf Seiten des Klägers, der als der wirtschaftlich oder intellektuell Überlegene die schwächere Lage des anderen Teils bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt hat. Dafür bietet der Vortrag der Beklagten keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Insoweit kommen der Beklagten wegen der Besonderheiten des Geschäftes auch keine Darlegungs- und Beweiserleichterungen zugute. Zwar besteht bei einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung grds. eine tatsächliche Vermutung für ein Handeln aus verwerflicher Gesinnung, die in der Regel eine weitere Prüfung der subjektiven Voraussetzungen entbehrlich macht (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rdnr. 34 a m.w.Nw.). Das gilt aber nicht uneingeschränkt. Zu berücksichtigen sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls. Diese aber rechtfertigen bei Internetgeschäften der vorliegenden Art auch bei einem groben Missverhältnis von Preis und Leistung nicht ohne Weiteres den Rückschluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Käufers bzw. auf ein Ausnutzen einer Schwäche des Verkäufers. Denn der Teilnehmer einer Internetauktion ist sich regelmäßig bewusst, dass die Ermittlung der Höhe der Gegenleistung von anderen Faktoren als allein dem üblichen Marktwert eines Artikels abhängt. Die Erwartung des Verkäufers, durch geschicktes Einstellen eines Artikels ein möglicherweise besonders gutes Geschäft zu machen, und demgegenüber die Vorstellung des Bieters, im richtigen Moment zu einem besonders günstigen "Schnäppchen" zu kommen, gehören geradezu zum Wesen einer derartigen Vertragsanbahnung. Dem widerspräche aber, wenn bei der Wahl einer solchen Verkaufsplattform die Präsentation eines Artikels nur dann verbindlich sein soll, wenn auch ein...

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