Verfahrensgang

AG Lemgo (Aktenzeichen 14 M 1112/00)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Schuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Streitwert von 4.212 DM.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Amtsgericht hat zu Recht gemäß § 850 c Abs. 4 ZPO angeordnet, daß neben dem Ehemann der Schuldnerin auch eines ihrer beiden minderjährigen Kinder bei der Berechnung des nach § 850 c ZPO unpfändbaren Betrages unberücksichtigt bleibt.

Nach ganz herrschender Meinung (vergl. Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann ZPO, 58. Aufl. § 850 c Rn 11; Zöller ZPO, 21. Aufl. § 850 c Rn 12; Musielak ZPO § 850 c Rn 11; Münchener Kommentar zur ZPO § 850 c Rn 21; Stöber, Forderungspfändung, 12. Aufl. Rn 1060 a, jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen) gehören auch Unterhaltsleistungen Dritter zu den Einkünften eines Unterhaltsberechtigten, die es ermöglichen, diesen auf Antrag eines Gläubigers bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrages ganz oder teilweise unberücksichtigt zu lassen. Bei der Pfändung des Arbeitseinkommens eines Elternteils kann daher auch berücksichtigt werden, daß der Unterhalt der minderjährigen Kinder teilweise durch Unterhaltsleistungen des anderen Ehegatten gedeckt wird (vergl. dazu LG Paderborn, JurBüro 1984, 787, LG Frankfurt a. M. Rpfleger 1994, 221; LG Nürnberg-Fürth JurBüro 1996, 603).

Die von dem LG Bayreuth, MDR 1994, 621 vertretene Gegenansicht, daß bei Lohnpfändungen jeder Elternteil die vollen Kinderfreibeträge in Anspruch nehmen könne, vermag nicht zu überzeugen. Nach Art. 6 GG ist eine derartige familienfreundliche Auslegung des § 850 c Abs. 4 ZPO nicht geboten. Es ist nicht einzusehen, daß in Familien, in denen nur ein Elternteil Einkünfte erzielt und bei dem allein eine Gehaltspfändung in Betracht kommt, der pfändungsfreie Betrag für ein Kind nur einmal, bei Doppelverdienern aber doppelt in Anspruch genommen werden könnte. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, daß der pfändungsfreie Betrag für ein Kind – wie ein Vergleich mit dem Mindestunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle zeige – regelmäßig für dessen Unterhalt nicht ausreichend sei, läßt das Kindergeld und dessen anteilige Anrechnung auf den Unterhaltsanspruch unberücksichtigt.

Daß der Gesetzgeber der lediglich anteiligen Belastung der Eltern mit dem Unterhaltsbedarf eines Kindes keine Bedeutung beigemessen wollte, läßt sich nicht etwa daraus schließen, daß dieser Gesichtspunkt nicht bereits im Rahmen der Freibeträge nach § 850 c Abs. 1 und 2 ZPO berücksichtigt worden ist. Bei den regelmäßigen Freibeträgen für Unterhaltsberechtigte ist nicht danach differenziert worden, ob diese noch sonstige Einkünfte – wie z. B. Unterhaltsansprüche gegen einen anderen – haben. Dies ist bei dem Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, vor dem der Schuldner nicht gehört wird (§ 834 ZPO), regelmäßig nicht bekannt. Es ist sachgerecht, daß über die eventuelle Nichtberücksichtigung eines Unterhaltsberechtigten mit eigenem Einkommen nur auf Antrag eines Gläubigers, der hierzu die nötigen Fakten vortragen muß, im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 850 c Abs. 4 ZPO zu entscheiden ist.

Im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 850 c Abs. 4 ZPO ist vorliegend zu berücksichtigen, daß der Barunterhalt für, die beiden Kinder der Schuldnerin unstreitig ganz überwiegend aus dem Einkommen ihres Ehemannes bestritten wird. Wenn der Schuldnerin bei der Lohnpfändung für die Kinder die Hälfte des bei einem Alleinverdiener pfändungsfreien Betrages belassen wird, dann ist dies auch nach Auffassung der Kammer angemessen. Die Schuldnerin hat nicht dargelegt, daß sie öder ihre unterhaltsberechtigten Kinder bei dieser Kürzung des regelmäßigen Pfändungsfreibetrags sozialhilfebedürftig werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 935672

Rpfleger 2001, 142

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