Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, die im Erdgeschoss der Liegenschaft „X … in … S” gelegene Büroetage (Teileigentumseinheit Nr. …) als Einrichtung zur Erbringung stationärer Intensiv- und Beatmungspflegemaßnahmen zu nutzen.

Der Beklagten wird für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zum 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten hat die Nebenintervenientin zu tragen.

Soweit die Beklagte verurteilt worden ist, es zu unterlassen, die im Erdgeschoss der Liegenschaft „X … in … S” gelegene Büroetage (Teileigentumsanteil Nr. …) als Einrichtung zur Erbringung stationärer Intensiv- und Beatmungspflegemaßnahmen zu nutzen, ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar. Wegen der Kosten ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist die Wohnungseigentümergemeinschaft „X … in … S”, welche aus 10 Einheiten besteht.

Bei 9 Einheiten handelt es sich um Wohnungseigentum, bei der 10. Einheit handelt es sich um eine Teileigentumseinheit. Diese steht im Eigentum der Nebenintervenientin, welche sie mit Vertrag vom 08.06.2017 mit Wirkung zum 01.08.2017 an die Beklagte vermietet hat.

Ziff. I. 1 der Teilungserklärung vom 21.05.1990 lautet auszugsweise wie folgt:

„[…]

Der Eigentümer teilt das Eigentum an dem Grundstück gemäß § 8 WEG in der Weise auf, daß mit 9 der zu bildenden Anteile das Sondereigentum an einer in sich abgeschlossenen Wohnung nebst Keller (Wohnungseigentum) und mit einem der zu bildenden Anteile das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume – Büroetage – nebst Keller (Teileigentum) wie folgt verbunden sind: […]”

Betreffend die streitgegenständlichen Räumlichkeiten führt die Teilungserklärung vom 21.05.1990 unter Ziff. I.1 im Weiteren aus:

„10.

Miteigentumsanteil von 19.466/100.000

an dem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen im Erdgeschoss – Büroetage – nebst Keller,

? sämtlich Nr. 10 des Aufteilungsplanes –

(Teileigentum)”.

Unter Ziff. VI. 1 der Teilungserklärung wird ausgeführt:

„Dem jeweiligen Eigentümer des in Abschnitt I dieser Urkunde unter Nr. 10 des Aufteilungsplanes erwähnten noch zu bildenden Teileigentums wird das Rechte eingeräumt werden, die nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume – Büroetage – jederzeit in Wohnungseigentum umzuwandeln, und zwar in ein oder mehrere Wohnungseigentumsrechte”.

Die Beklagte unterhält in den Räumlichkeiten eine Einrichtung zur Erbringung stationärer Intensiv- und Beatmungspflegemaßnahmen in Form einer Wohngemeinschaft für bis zu vier Patienten.

Die Räumlichkeiten sind 197 m² groß und bestehen gegenwärtig aus vier Patientenzimmern, einer Küche, zwei Bädern und einem großen Wohn- und Aufenthaltsbereich.

Neben den Patienten hält sich in den Räumlichkeiten rund um die Uhr eine Pflegekraft der Beklagten auf. Zudem erfolgen zweimal wöchentlich Besuche der Patienten seitens eines Logopäden. Auch findet eine physiotherapeutische Behandlung der Patienten in den Räumlichkeiten durch Besuche von Physiotherapeuten statt. Etwa 80 % der Patienten sind auf einen Rollstuhl angewiesen.

Am 16.08.2017 verstarb ein in den Räumlichkeiten lebender Patient.

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 20.09.2017 wurde zu TOP 3 der folgende Mehrheitsbeschluss getroffen:

„[…] Die Wohnungseigentümer verleihen daher gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG der Wohnungseigentümergemeinschaft die Befugnis, die ihnen zustehenden Individualansprüche auf Unterlassung dieser zweckbestimmungswidrigen Nutzung der Teileigentumseinheit Nr. 10 als Intensiv- und Beatmungswohngemeinschaft außergerichtlich und gerichtlich im Sinne einer gesetzlichen Prozessstandschaft geltend zu machen. […]”

Im Zuge des vorliegenden Klageverfahrens hat die Beklagte die in den Räumlichkeiten betreuten Patienten anderweitig untergebracht und den Pflegebetrieb dort vorläufig eingestellt. Die für die stationäre Pflege erforderliche Einrichtung befindet sich allerdings nach wie vor in den Räumlichkeiten und die Beklagte beabsichtigt, ihre Pflegetätigkeit dort im Falle des Obsiegens im vorliegenden Rechtsstreit wieder aufzunehmen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Nutzung seitens der Beklagten halte sich nicht im Rahmen der Zweckbestimmung aus der Teilungserklärung. Bei der Bezeichnung der Teileigentumseinheit als „Büroetage” in der Teilungserklärung handele es sich um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter.

Sie behauptet, die Nutzung seitens der Beklagten beeinträchtige die übrigen Wohnungseigentümer in unzumutbarer Weise.

Durch die Beklagte würden an einzelnen Patienten letzte lebenserhaltende Maßnahmen durchgeführt.

Sie meint, zwar sei auch einem Bürobetrieb ein Publikumsverkehr nicht wesensfremd. Es sei allerdings ein graviere...

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